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Bei Masernerkrankung im Urlaub kann Hotelaufenthalt verweigert werden

Hoteliers und auch Fluglinien können die Unterbringung bzw. den Aufenthalt an Bord verweigern, wenn ein Reisender eine hochansteckende Krankheit wie Masern hat. Der Flug verfällt für einen Passagier, der aufgrund einer erkennbaren Erkrankung nicht an Bord genommen werden kann. Auch wer er sich am Urlaubsort mit Krankheiten infiziert, die durch eine Impfung vermeidbar wären, hat keinen Anspruch auf Entschädigung durch den Reiseveranstalter...

Wer sich zu Beginn der Ferienzeit mit Masern ansteckt, kann schon bei der Anreise oder Ankunft am Urlaubsort eine böse Überraschung erleben. Hoteliers und auch Fluglinien können die Unterbringung bzw. den Aufenthalt an Bord verweigern, denn Masern sind hochansteckend und können so andere Hotelgäste oder Mitreisende gefährden. Bei Hotelaufenthalten im In – und Ausland kann es im Krankheitsfall zu Problemen kommen. „In vielen beliebten Reiseländern gibt es keine einheitliche Regelung, was im Fall einer ansteckenden Krankheit mit dem betroffenen Hotelgast passiert. Es ist aber durchaus möglich, dass man zum Schutz der anderen Gäste dann das Hotel verlassen muss – evtl. sogar ohne Anspruch auf Schadenersatz. Wir können daher nur jedem empfehlen, die nötigen Impfungen vor Antritt der Urlaubsreise wahrzunehmen“, rät Katja Frisch, Sprecherin des ADAC in München. Und auch für den Transport im Flugzeug gelten strenge Auflagen bezüglich der Mitnahme von erkrankten Personen. Nach den Richtlinien der internationalen Flugbehörde IATA können Fluggesellschaften sich weigern, einen erkrankten Fluggast zu befördern. "In einem solchen Fall erstatten wir auch das Ticket nicht - der Flug verfällt für einen Passagier, den wir aufgrund einer erkennbaren Erkrankung nicht an Bord nehmen", erklärt Susanne Stünckel, Pressesprecherin der Hapag-Lloyd Flug. Zu Beginn der Sommerferien in Nordrhein-Westfalen (NRW) wollen Kinder- und Jugendärzte eine weitere Ausbreitung der anhaltenden Epidemie verhindern. Die Gesundheitsämter in Kiel und Weilheim sowie das Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit (LAGetSi) in Berlin haben nach Auftreten von neuen Masernerkrankungen bestätigt, dass es dabei offenbar auch importierte Fälle aus NRW gegeben hat. „Wir wollen nicht zum Exportweltmeister für Masern werden. Zu Beginn der Reisezeit können wir allen Eltern nur dringend raten, den Impfschutz zu überprüfen und versäumte Impfungen nachzuholen. Das ist nicht nur eine wichtige Gesundheitsvorsorge, sondern schützt auch vor unangenehmen Folgen im Urlaub“, so Dr. Thomas Fischbach, Vorsitzender des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) im Landesverband Nordrhein.

Keine Entschädigung bei Infektionen im Urlaub
Auch wer er sich am Urlaubsort mit Krankheiten infiziert, die durch eine Impfung vermeidbar wären, hat keinen Anspruch auf Entschädigung durch den Reiseveranstalter. Darauf weisen Reisemediziner zu Beginn der Sommerferien hin. “Fast alle Reiseveranstalter erwähnen in ihren Katalogen auch empfohlene Impfungen für bestimmte Reiseländer. Leider steht das oft nur im Kleingedruckten. Die Verantwortung für die notwendige Gesundheitsvorsorge liegt damit beim Reisenden. Wer keinen Impfschutz hat, kann auch keine Entschädigung oder Schmerzensgeld vom Reiseveranstalter einfordern“, erläutert Prof. Dr. Emil Reisinger vom Tropeninstitut in Rostock. Hintergrund ist ein Urteil des Amtsgerichtes Frankfurt. Dieses hatte eine Schmerzensgeldklage eines zehnjährigen Jungen zurückgewiesen (Az.: 31 C 3587/04-83), der sich während eines Urlaubs in einem Hotel in Ägypten mit Hepatitis A – der so genannten Reisegelbsucht - angesteckt hatte. Aufgrund eines Hepatits-A-Ausbruchs waren mehr als 300 Gäste – die Mehrzahl davon aus Deutschland - eines 4-Sterne Hotels im ägyptischen Badeort Hurghada an Gelbsucht erkrankt. Einige der Betroffenen litten noch Monate später an den Folgen dieser infektiösen Leberentzündung. Als Infektionsquelle wurde verseuchter Orangensaft vermutet. „Da diese Viren von Erkrankten mit dem Stuhl ausgeschieden werden, gelangen die Erreger in den Wasserkreislauf und damit auch sehr leicht auf Lebensmittel, die mit verseuchtem Wasser in Kontakt kommen. Infizierte können natürlich Lebensmittel auch direkt verunreinigen. In vielen Reiseländern Europas ist Hepatitis A weit verbreitet. Es ist nicht verwunderlich, dass infizierte Beschäftigte, die z.B. in der Gastronomie, im Hotelgewerbe oder in der Lebensmittelindustrie arbeiten, immer wieder auch Lebensmittel oder Getränke kontaminieren. Daher sind nicht nur Rucksacktouristen gefährdet – auch Hotelgäste eines ‚All-Inclusive-Clubs’ können sich anstecken“, warnt Reisinger.

Masern auch in England – Hepatitis in Süd- und Osteuropa
Auch auf den britischen Inseln grassieren die Masern. Seit Anfang des Jahres wurden nach Angaben der britischen Gesundheitsbehörde (HPA) fast 500 Fälle von Masern registriert – die höchste Zahl von Erkrankungen seit 1995. Betroffen sind vor allem die Regionen Surrey, Sussex und South Yorkshire. „Wenn ungeschützte Kinder im Urlaub mit erkrankten Altersgenossen spielen, ist eine Ansteckung fast unvermeidlich. Leider wird dieses Risiko völlig unterschätzt. Die Komplikationsrate bei Masern ist sehr hoch und diese Erkrankung kann im schlimmsten Fall auch tödlich enden“, warnt Fischbach. Ein 13-jähriger Junge aus Südengland war das erste Masernopfer seit 15 Jahren, das an dieser Virusinfektion in Großbritannien verstorben ist. „Die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut empfiehlt im zweiten Lebensjahr zwei Impfungen gegen Masern, die meist in Kombination mit Mumps und Röteln im Abstand von 4 Wochen gegeben werden sollten. Diese Impfungen werden im Gegensatz zu den klassischen Reiseimpfungen auch von den Kassen erstattet. Auch bei so genannten Last-Minute-Reisen ist der Impfschutz kurzfristig noch möglich. Doch das wissen viele nicht“, erläutert der niedergelassenen Kinder- und Jugendarzt aus Solingen. Auch aus Spanien, Griechenland, Rumänien, der Ukraine, Dänemark und Schweden wurden dieses Jahr teilweise schwere Masernausbrüche gemeldet. In den vergangenen Jahren waren auch in der Türkei und Italien immer wieder große Masernepidemien aufgetreten.

Experten raten dringend zur Impfung
Alle Tropeninstitute in Deutschland empfehlen vor Reisen die Überprüfung des Impfschutzes. „Die Zahl der notwendigen Impfungen ist absolut überschaubar. Jeder sollte alle 10 Jahre seinen Impfschutz gegen Tetanus (Wundstarrkrampf) und Diphtherie auffrischen. Das gilt natürlich nicht nur für Reisende. Bei Fernreisen, aber auch bei Reisen nach Ost- oder Südeuropa sollte man gegen Hepatitis geimpft sein. Damit hat man eigentlich schon die wichtigsten Impfungen. Nur für einige wenige Länder benötigt man noch zusätzliche Impfungen, wie z.B. eine Impfung gegen FSME (Frühsommer-Meningo-Enzephalitis) - wenn man z.B. nach Österreich fährt“, so Dr. Christian Schönfeld, Leiter der reisemedizinischen Ambulanz am Tropeninstitut in Berlin. Für so genannte Risikoreisen werden auch andere Impfungen empfohlen. Informationen, für welche Länder man Impfungen gegen Poliomyelitis (Kinderlähmung), Gelbfieber, Typhus, Meningokokken, Tollwut, Cholera, Japanische Enzephalitis oder Influenza benötigt, erhält man bei den Tropeninstituten oder im Internet (z.B. www.fit-for-travel.de). Nach Meinung der Experten reichen Vorsichtsmaßnahmen am Urlaubsort nicht aus, um Infektionen zu vermeiden. „Gegen viele der Erreger, die durch Lebensmittel übertragen werden, ist es fast nicht möglich, sich zu schützen. So kann man eine Salmonellenvergiftung durch verdorbene Eiscreme sicherlich nur schwer verhindern. Umso wichtiger ist es daher, sich vor den Erregern zu schützen, die in den Reiseländern weit verbreitet sind. An erster Stelle ist hier die Impfung gegen Hepatitis A zu nennen“, empfiehlt Schönfeld. Und das gilt auch für Kurzurlauber. „Die Viren unterscheiden nicht zwischen Lang- und Kurzurlaubern. Eine einzige infizierte Muschel reicht aus, um sich anzustecken. Selbst wenn eine Reisegelbsucht ohne Komplikationen verläuft, kann man mehrere Wochen krank sein. Für Menschen mit einer durch Fett oder Alkohol vorgeschädigten Leber kann eine zusätzliche Infektion mit Hepatitis schwere Folgen haben – manchmal auch tödlich verlaufen“, warnt der Reisemediziner.
Die meisten Impfungen können auch noch kurz vor Reisebeginn gegeben werden. „Bei einigen Impfungen baut sich der Schutz sehr schnell auf - man könnte sich quasi noch auf dem Weg zum Flughafen immunisieren lassen. Dennoch raten wir natürlich zum Besuch beim Arzt oder dem nächsten Tropeninstitut vier bis sechs Wochen vor Antritt der Reise“, empfiehlt Schönfeld.