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Kinderlähmung (Poliomyelitis)

Was ist Kinderlähmung (Poliomyelitis)?

Polio oder Kinderlähmung - abgekürzt für Poliomyelitis anterior acuta oder spinale Kinderlähmung - ist eine hoch ansteckende akute Infektionskrankheit mit dem Polio-Virus.

Die Bezeichnung Poliomyelitis wurde aus den griechischen Worten für „grau (polios)“ und „Mark“ abgeleitet, da die Viren hauptsächlich Teile der so genannten grauen Rückenmarksubstanz befallen, was zu dauerhaften Lähmungen führen kann.

Anders als der deutsche Begriff vermuten lässt, können nicht nur Kinder, sondern auch Erwachsene erkranken. Der Name Kinderlähmung ist entstanden, weil die Krankheit bis in die 1960er-Jahre weltweit so verbreitet war, dass der Kontakt mit dem Erreger bereits im Kindesalter, meist vor dem fünften Lebensjahr, erfolgte. Die letzte große Erkrankungswelle trat 1960/1961 mit mehr als 9.000 registrierten Lähmungsfällen in der Bundesrepublik Deutschland auf. Daraufhin startete 1962 in der Bundesrepublik unter dem Motto “Schluckimpfung ist süß – Kinderlähmung ist grausam” eine große Impfaktion, während in der DDR bereits 1960 erfolgreich mit systematischen Impfungen begonnen wurde.

In Deutschland wurden zuletzt 1992 Polioviren importiert - aus Ägypten und Indien. Poliomyelitis ist in Deutschland eine nach dem Infektionsschutzgesetz meldepflichtige Erkrankung.

Die Europäische Region der WHO wurde 2002 für poliofrei erklärt. Besteht eine geringe Immunität der Bevölkerung, besteht die Gefahr, durch eingeschleppte Polioviren Ausbrüche erleben zu müssen.

In einigen Ländern Afrikas und Asiens mit niedrigem Hygienestandard und hoher Bevölkerungsdichte kann Kinderlähmung nach wie vor auftreten (insbesondere in Pakistan, Afghanistan und Nigeria). Somit besteht die Gefahr, dass Reisende ohne entsprechenden Impfschutz sich in diesen Ländern infizieren und somit ebenso wie Einwanderer das Virus erneut nach Deutschland einschleppen. Daher ist es weiterhin wichtig, dass nicht nur Kinder, sondern auch Erwachsene über einen ausreichenden Impfschutz verfügen.

1994 wurde die Amerika von der WHO als poliofrei erklärt, gefolgt vom Westpazifik im Jahr 2000 und Europa im Juni 2002. Am 27. März 2014 kam Südostasien hinzu. Dies bedeutet, dass die Übertragung des wilden Poliovirus in diesen elf Ländern, die sich von Indonesien bis Indien erstrecken, unterbrochen wurde. Diese Errungenschaft ist ein bedeutender Fortschritt in Bezug auf die weltweite Ausrottung. 80% der Weltbevölkerung lebt heute in Regionen, die als frei von Kinderlähmung gelten.

Seit 1988 sind der Weltgesundheitsorganisation zufolge (WHO) die Fälle aufgrund des Polio-Wildvirus um über 99% zurückgegangen - von geschätzten 350.000 auf 6 Fälle im Jahr 2021.