Als Meningitis bezeichnet man eine Entzündung der Hirnhäute und der benachbarten Strukturen. Es handelt sich um eine ernste Erkrankung, die sich innerhalb von Stunden entwickeln und jeden – Kinder, aber auch Erwachsene – betreffen kann. Trotz medikamentöser Behandlung sind ein tödlicher Ausgang oder bleibende Folgeschäden nicht immer zu verhindern.
2019 verstarben dem Statistischen Bundesamt zufolge 124 Menschen an einer Meningitis, darunter 3 Kinder unter 15 Jahren. 2020 schieden 163 Menschen an den Folgen einer Meningitis aus dem Leben, darunter keine Kinder.
Verschiedene Erreger wie Bakterien (z.B. Borrelien, Meningokokken), Viren (z.B. Herpes-, Windpocken-, Mumps- Masern-Virus), Protozoen (Einzeller) und Pilze können die Krankheit verursachen, aber auch Autoimmunprozesse, Malignome oder Gifte können Auslöser sein.
Erreger können über die Schleimhäute der Atemwege, aber auch von einem angrenzenden Entzündungsherd (z.B. bei einer Mittelohrentzündung) oder einer Verletzungsstelle (z. B. offener Schädelbruch) aus einwandern. Im Frühjahr und Sommer besteht die Gefahr, dass durch einen Zeckenbiss die von Viren verursachte, so genannte Frühsommer-Meningo-Enzephalitis oder eine bakterielle Meningitis durch Borrelien übertragen werden.
In verschiedenen Altersgruppen können bestimmte Erreger/Auslöser überwiegen. So sind im Neugeborenenalter Herpes-Viren häufige Auslöser einer viralen Meningitis, während im Kleinkindalter u.a. Masern-, Mumps- oder Echovirus oft die Ursache für eine Erkrankung sind. Eine bakterielle Meningitis beruht im Säuglingsalter meist auf einer Infektion mit Streptokokken der Gruppe B, mit Escherichia coli oder mit Listerien. Im Säuglings- und Kleinkindalter werden Hämophilus, Meningokokken und Pneumokokken u.a. als die hauptsächlichen Verantwortlichen für eine Hirnhautentzündung genannt.
Symptome & Krankheitsbild
Ein wichtiges Krankheitszeichen einer Meningitis ist neben dem Fieber die Nackensteifigkeit. Das Kind setzt der Bewegung seines Kopfes einen Widerstand entgegen, so dass es kaum oder gar nicht möglich ist, den Kopf zum angewinkelten Knie des Kindes zu bringen (Meningismus). Weitere typische Krankheitszeichen sind Kopfschmerzen, Müdigkeit, Erbrechen und Lichtscheu. Falls das Gehirn mit entzündet ist, kann es zu Benommenheit bis hin zum Koma kommen. Die Krankheitszeichen können sich binnen weniger Stunden entwickeln.
Bei Säuglingen treten meist andere, allgemeinere Beschwerden, wie Bauchschmerzen, Berührungsempfindlichkeit, Nahrungsverweigerung oder auch Krampfanfälle auf. Die Fontanelle kann vorgewölbt sein. Vorsicht: Gerade bei Säuglingen besteht die Gefahr, dass eine Meningitis zunächst übersehen wird, da sie sich manchmal sehr uncharakteristisch nur in Trinkschwäche und Schlaffheit äußert.
Wenn Sie derartige Krankheitszeichen bei Ihrem Kind feststellen, sollten Sie sofort einen Kinder- und Jugendarzt aufsuchen, damit gegebenenfalls umgehend eine Behandlung eingeleitet werden kann.
Auswirkungen
Generell sind die von Viren ausgelösten Hirnhautentzündungen nicht so gefährlich wie die bakteriell bedingten, z. B. die Meningokokken- oder Pneumokokken-Meningitis. In schweren Fällen kann eine Meningitis bleibende Schäden, wie Bewegungsstörungen, Hörschäden bis hin zur Taubheit oder Beeinträchtigung der geistigen Entwicklung, nach sich ziehen oder sogar zum Tode führen. Kinder in den ersten drei Lebensjahren haben ein besonders hohes Risiko, an einer bakteriellen Meningitis zu erkranken.
Diagnose
Wenn der Verdacht besteht, wird der Arzt den Wirbelkanal punktieren (Lumbalpunktion) und daraus Nervenflüssigkeit (Liquor) entnehmen und sie untersuchen. Nur so kann er sicher feststellen, ob eine Meningitis vorliegt und ob es sich um eine Viren- oder Bakterieninfektion handelt.
Therapie
Meningitis erfordert häufig eine intensivmedizinische Behandlung im Krankenhaus. Wenn Bakterien die Verursacher sind, erhält das Kind Infusionen mit Antibiotika. Aber auch die Familienangehörigen des erkrankten Kindes müssen vorbeugend Antibiotika einnehmen, um sich selbst zu schützen.
Eine virale Meningitis kann nur symptomatisch behandelt werden, sie stellt jedoch im Allgemeinen keine so ernsthafte Erkrankung dar.
Impfschutz
Gegen einige Meningitis-Erreger kann vorbeugend geimpft werden: So sind z.B. Impfungen gegen die Bakterien Haemophilus influenzae Typ b (Hib), Pneumokokken und Meningokokken beim Baby möglich. Nicht selten ist eine Meningitis auch die Folge einer Mumps-Infektion. Auch gegen diese Infektionskrankheit kann geimpft werden, ebenso wie gegen den Erreger der Frühsommer-Meningo-Enzephalitis (FSME).
Pneumokokken-Impfung
Pneumokokken sind gefürchtet als Meningitiserreger. Jenseits der Neugeborenenperiode sind Meningitiden zu 20% durch Pneumokokken verursacht. 70% aller Todesfälle bei Meningitis sind durch Pneumokokken bedingt. Die Impfung gegen Pneumokokken wird von der STIKO empfohlen für Kinder ab dem vollendeten 2. Lebensmonat und Jugendliche mit Grunderkrankungen oder mit einem erhöhten Gesundheitsrisiko. Unter die Grunderkrankungen fallen z.B. Zustand nach Milzentfernung oder Milzerkrankung, Diabetes mellitus, chronische Herz- und Lungenerkrankungen, Nierenschäden und Immunmangelkrankheiten. Ein erhöhtes Gesundheitsrisiko besteht für Frühgeborene (<38.Woche), Kinder mit einem Geburtsgewicht unter 2500 g sowie für Säuglinge und Kinder mit Gedeihstörungen oder neurologischen Krankheiten.
Säuglinge können den Pneumokokken-Konjugat-Impfstoff parallel zum 6-fach-Impfstoff (insgesamt dreimal – mit Ausnahme der Frühgeborenenen – bis zum Alter von 23 Monaten) erhalten: im Alter von 2, 4 und 11 Monaten (sogenanntes 2+1-Impfschema, zwei Grundimmunisierungen plus eine Auffrischung). Für Frühgeborene (Geburt vor der vollendeten 37. Schwangerschaftswoche) empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) das 3+1-Schema. Sie sollen vier Impfstoffdosen im Alter von 2, 3, 4 und 11 Monaten erhalten.
Meningokokken-Impfung
Bakterielle Hirnhautentzündungen werden neben Haemophilus influenzae Typ b und Pneumokokken auch durch Meningokokken ausgelöst. Heute sind Meningokokken-Infektionen bei uns die häufigste Ursache von bakterieller Meningitis, zumal Hirnhautentzündungen durch Haemophilus influenzae Typ b und Pneumokokken durch Impfungen mittlerweile zurückgegangen sind.
Die überwiegende Mehrzahl der Meningokokken-Infektionen in Europa und Deutschland wird durch Meningokokken der Serogruppen B und C ausgelöst (insgesamt gibt es bei den Meningokokken 13 Untergruppen). An Meningokokken erkranken in Deutschland jährlich bis zu 350 Menschen. Meningokokken-C-Erkrankungen machen zwar nur etwa 20% davon aus, sind aber auf Grund ihrer schweren und komplikationsreichen Verläufe sehr gefürchtet. Besonders gefährlich ist eine sehr rasch verlaufende Sepsis (Waterhouse-Friderichsen-Syndrom).
Für alle Kinder empfiehlt die Ständige Impfkommission eine Impfung gegen Meningokokken C mit 12 Monaten. Eine fehlende Impfung sollte bis zum 18. Geburtstag nachgeholt werden.
Gegen Meningokokken B ist seit Ende 2013 ein völlig neu entwickelter Impfstoff verfügbar. Die erste Impfung kann bereits Säuglingen ab zwei Monaten verabreicht werden und muss bei einer Immunisierung bis zum Alter von fünf Monaten im Abstand von vier Wochen zweimal wiederholt werden. Eine weitere Impfung im zweiten Lebensjahr (Alter 12 bis 15 Monate) komplettiert den Impfzyklus (insgesamt also vier Impfungen). Bei älteren Kindern sind zwei Impfdosen ausreichend. Diese Impfung schützt wahrscheinlich vor bis zu 80% der in Deutschland vorkommenden Meningokokken-B-Stämme. Die Dauer dieses Schutzes ist noch nicht sicher einzuschätzen. Die neue Meningokokken-B-Impfung wird bisher nur von einigen Krankenkassen als Satzungsleistung erstattet.
Für bestimmte Risikokinder oder für Kinder, die längere Auslandsaufenthalte vor sich haben, empfiehlt die STIKO ab dem Alter von 1 Jahr eine Impfung mit A-C-W135-Y-Konjugat-Impfstoff. Seit März 2010 ist in der EU dieser Konjugatimpfstoff gegen Meningokokken ACWY zugelassen, der gegen die vier Serogruppen zugleich (nämlich gegen A, C, W135 und Y) wirksam ist.
Seit August 2015 rät die STIKO bestimmten Risikokindern, wie z.B. Kindern ohne Milz oder nach Milzentfernung oder mit bestimmten Immundefekten, ebenso zu einer Impfung gegen Meningokokken B.
Adressen & Links
Konsiliarlabor für Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) Institution: Robert Koch-Institut Nordufer 20 13353 Berlin Ansprechpartner: Herr Prof. Dr. M. Niedrig Herr Dr. H. Ellerbrok Tel.: 030 /18 754-23 70 / -23 21 030 /18 754-23 87 Fax: 030 /18 754-26 25 / -23 90 E-Mail: niedrigm@noSpam.rki.de od. ellerbrokh@noSpam.rki.de
Nationales Referenzzentrum für Meningokokken und Haemophilus influenzae am Institut für Hygiene und Mikrobiologie der Universität Würzburg (Leitung: Herr Prof. Dr. M. Frosch, Herr Prof. Dr. U. Vogel) Josef-Schneider-Straße 2, Gebäude E1 97080 Würzburg Tel.: 0931 - 31-81423 (Anfragen an ärztliche und wissenschaftliche Mitarbeiter) 0931 - 31-46006 (Befundabfrage, Anfragen an technisches Personal) Fax: 0931 - 4 64 45 E-Mail: uvogel@noSpam.hygiene.uni-wuerzburg.de nrzm@noSpam.hygiene.uni-wuerzburg.de Internet: www.meningococcus.de www.haemophilus-online.de
Nationales Referenzzentrum für Staphylokokken und Enterokokken am Robert Koch-Institut (Bereich Wernigerode) Abt. 1 Infektionskrankheiten FG Infektionserreger und Antibiotikaresistenzen Burgstraße 37 38855 Wernigerode Tel.: 03018 - 754-42 10 Fax: 03018 - 754-43 17 Internet: www.rki.de Leitung Herr PD Dr. G. Werner Ansprechpartner: Staphylokokken: Frau Dr. Layer (Tel.: -42 49)
Nationales Referenzzentrum für Streptokokken am Institut für Medizinische Mikrobiologie der Universitätsklinik Aachen Pauwelsstraße 30 52057 Aachen Tel.: 02 41.80-8 99 46 Fax: 02 41.80 82-483 E-Mail: mlinden@noSpam.ukaachen.de Internet: www.nrz-streptococcus.de www.pneumococcus.de
Robert Koch-Institut Postfach 65 02 61 D-13302 Berlin Tel.: 030 - 18754-0 Fax: 030 - 18754-2328 Internet: www.rki.de
Quellen
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Speer, Chr. P. u. Gahr, M.: Pädiatrie. Springer, Heidelberg 2009.