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Durchfallerkrankung (Diarrhöe)

Was ist Durchfall, Diarrhöe?

Durchfall ist bei Kindern ein sehr häufiges Symptom. Durch den Verlust von Wasser und Salzen (Elektrolyten) kann es vor allem bei Säuglingen sehr schnell zu einem sehr ernsten Krankheitsbild kommen, das umgehend ärztlicher Behandlung Bedarf.

Von einer Durchfallerkrankung spricht man bei mehr als 3 dünnen Stühlen pro Tag bei älteren Kindern und mehr als 5 dünnen Stühlen bei Säuglingen. Akute Durchfallerkrankungen werden meist durch verschiedene Viren und Bakterien ausgelöst, meist geht dem eigentlichen Durchfall eine ½ - 1 ½ tägige Phase mit Fieber, Bauchschmerzen und häufig auch Erbrechen voraus. Das Auftreten von blutigen Durchfällen ist ein besonderes Warnzeichen für das Vorliegen einer schweren Erkrankung, das Kind sollte möglichst umgehend dem Kinder- und Jugendarzt vorgestellt werden.

Ursachen

Durchfall kann vielerlei Ursachen haben. Am häufigsten sind Darminfektionen die Auslöser. Die Ansteckung erfolgt meist über Nahrungsmittel und Trinkwasser, die mit verschmutzt sind. Seltener erfolgt eine Infektion durch Kontakt mit Erkrankten.

Auch eine Lebensmittelvergiftung durch verdorbene Nahrungsmittel oder durch Pilze kann zu Durchfall führen. Medikamente (z. B. Antibiotika, Rheumamittel, Mittel gegen Verstopfung) können als Nebenwirkung ebenfalls Durchfall auslösen.

Durchfall kann aber auch ein Symptom für eine andere Krankheit sein. So kann Durchfall Zeichen einer Lebensmittelallergie (z.B. von Meeresfrüchten, Erdbeeren, Getreide, Nüssen, Kuhmilch) sein. Bei Kindern mit kann ein Mangel an Laktase, einem an der Verdauung von Milch und Milchprodukten beteiligtem Enzym, ebenfalls zu Durchfall führen. Auch bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa oder bei Darmkrebs kann es zu Durchfall kommen. Ebenso können aber auch schwerwiegende Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse oder der Gallenblase und Diabetes mellitus zu Durchfall führen. Schließlich kann z.B. bei einer Schilddrüsenüberfunktion die Darmtätigkeit gesteigert sein.

Faktoren, die eine Reisediarrhö begünstigen, sind Reisestress, Zeit- und Klimaumstellung, ungewohnte, scharfe oder fettige Speisen und vor allem schlechte hygienische Verhältnisse. Diese fördern die Infektion mit Durchfallerregern. Häufigste Erreger der Reisediarrhö sind Kolibakterien.

Bei älteren Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen wirken sich neben den Essgewohnheiten vor allem seelische Faktoren wie Stress oder andere psychische Belastungen auf Frequenz und Beschaffenheit des Stuhls aus. Ob zwei bis drei Stuhlgänge am Tag oder nur zwei bis drei in der Woche – das alles liegt im normalen Rahmen. Der Stuhl besteht zu 60 bis 90% aus Wasser. Wenn der Körper über den Darm verstärkt Wasser verliert, kommt es zu Durchfall.

Krankheitserreger

Bei Kindern werden Durchfallerkrankungen häufig durch Viren ausgelöst (z. B. Rotaviren). Viren unterscheiden sich von Bakterien, da sie keinen eigenen Stoffwechsel haben. Sie greifen in den normalen Zellstoffwechsel des Wirts ein und lösen dort die Produktion weiterer Viren aus. Durchfall mit starkem Erbrechen, Kopf- und Muskelschmerzen sind typisch für Virusinfektionen, manchmal treten auch Fieber, Schnupfen oder Halsentzündungen auftreten.

Weitere Krankheitserreger, die Durchfallerkrankungen auslösen können:
Koli-Bakterien (Escherichia coli) sind Darmbakterien, d.h. im Dickdarm des Menschen finden sie ideale Bedingungen vor. Daher gehört der Darm zu ihrem natürlichen Lebensraum.
Die Kolibakterien werden nach verschiedenen Typen eingeteilt. Einige dieser Typen lösen Krankheiten aus, wenn sie aus dem Dickdarm in höhere Darmabschnitte aufsteigen oder sich an einem anderen Ort im menschlichen Körper als im Darm ausbreiten (z.B. Gallenblase, Harnwege, Wunden). Im Dickdarm selbst verursachen sie keine Erkrankungen. Andere Typen wiederum verursachen im Darm Erkrankungen. Diese Typen gehören nicht zu jener Gruppe der Koli-Bakterien, die üblicherweise im Darm angesiedelt sind.
Man kann verschiedene Typen von Koli-Bakterien nach den von ihnen ausgelösten Krankheitsbildern unterscheiden. Sie können sich an den an der Oberfläche des Dünndarms befindlichen Zellen anheften (Enteropathogene Escherichia coli/EPEC) oder sie produzieren Stoffe (Toxine), welche die Aufnahme Natrium und Chlorid aus dem Darm hemmen, wodurch sich Wasser im Darm ansammelt (Enterotoxische Escherichia coli/ETEC). Diese sind verantwortlich für 50 % aller Fälle von Reisediarrhoe. Andere Typen gelangen in die Darmschleimhaut und rufen dort Entzündungen hervor (Enteroinvasive Escherichia coli/EIEC).
Infektionsursache ist meist mangelnde Hygiene. Die Ansteckung erfolgt über Nahrungsmittel und Trinkwasser, die diese Kolibakterien enthalten. Leichter Durchfall und manchmal Erbrechen deuten auf eine Infektion mit Kolibakterien hin, die meist 1-2 Tage dauert und häufiger im Sommer vorkommt.

Staphylokokken

sind eitererregende Bakterien, die gemeinsam mit den Kolibakterien zu den häufigsten Erregern bakterieller Infektionen zählen. Sie scheiden hitzestabile Giftstoffe aus, die auch durch Abkochen über 30 Minuten nicht zerstört werden. Staphylokokken siedeln sich gerne auf Eier- und Sahnespeisen, Milchprodukten, Schweinefleisch, Geflügel oder Kartoffelsalat mit Mayonnaise an und gelangen durch den Verzehr verdorbener Speisen in den Darm. Plötzlich schweres Erbrechen und starker Durchfall weisen auf eine Staphylokokkeninfektion hin. Ein Arztbesuch ist unbedingt erforderlich.

Salmonellen

sind in unseren Breiten häufigste Erreger einer meldepflichtigen, infektiösen Durchfallerkrankung. Die Bakterien treten vor allem bei Geflügel und Rindern auf, ohne diese krank zu machen. Ihre Verbreitung wird durch die modernen Tierzuchtmethoden gefördert. Salmonellen geraten über Nahrungsmittel, wie z.B. nicht durchgegartes Fleisch, Eier, Eis oder Mayonnaisen, oder auch durch direkten Kontakt mit erkrankten Personen in den menschlichen Darm und können dort schwere wässrige und häufig blutige Durchfälle auslösen, die von hohem Fieber, Übelkeit, Erbrechen und starken Bauschmerzen begleitet sein können. Für gesunde Menschen ist die Salmonellen-Infektion nicht sehr gefährlich, sie klingt meist spontan nach einigen Tagen wieder ab. Gefährlich kann sie aber für Säuglinge, Kranke und ältere Menschen werden (es drohen Kreislaufkollaps oder Nierenversagen).
Ein bestimmter Salmonellen-Typ (Salmonella typhi) verursacht Typhus. Die Infektionsgefahr steigt unter schlechten hygienischen Verhältnissen.

Campylobacter jejuni

verursacht Darminfektionen mit Erbrechen, Bauchschmerzen und grippeähnliche Beschwerden (Fieber, Gelenkbeschwerden ). Die Ansteckung erfolgt durch infizierte Lebensmittel oder Trinkwasser oder durch Tierkontakte.

Als schwere Darminfektionen gelten auch Typhus, Ruhr und Cholera. In Europa sind diese Durchfallerkrankungen heute selten, meist handelt es sich um Reisemitbringsel.

Der Typhus Erreger ist ein bestimmter Salmonellen-Typ. Die Ansteckung erfolgt durch verunreinigtes Trinkwasser und Nahrungsmittel. Die Erkrankung beginnt mit Verstopfung, hohem Fieber, Kopfschmerzen, Appetitlosigkeit und Bronchitis; erst in der zweiten bis dritten Krankheitswoche treten erbsenbreiartige Durchfälle auf.

Die Erreger der Ruhr sind Shigellen (Bakterien) oder Amöben (tropische Parasiten). Die Ansteckung erfolgt durch verunreinigtes Trinkwasser und Nahrungsmittel Die Erreger können aber auch durch erkranktes Küchenpersonal übertragen werden. Fieber, starke krampfartige Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, blutig-schleimige Durchfälle sind Hinweise auf eine Erkrankung an Ruhr.

Cholera

wird durch Cholerabakterien ausgelöst, die durch verunreinigtes Trinkwasser, Meeresfrüchte oder Nahrungsmittel aufgenommen wurden. Typische Krankheitszeichen sind milchig-wässrige Durchfälle, anhaltendes Erbrechen und erniedrigte Körpertemperatur. Bei schlecht ernährten und gesundheitlich angeschlagenen Personen nimmt Cholera einen schweren Verlauf, insbesondere wenn die Erkrankung nicht rechtzeitig behandelt wird. Von manchen Ländern, in denen Cholera herrscht, wird bei Einreise ein Impfnachweis verlangt, obwohl die Cholera-Impfung keinen sicheren Schutz vor einer Cholera-Erkrankung bietet.

Chronischer Durchfall

Von chronischem Durchfall spricht man, wenn das Problem länger als 10 bis 20 Tage anhält.
Hinter chronischen Durchfällen können sich vergleichsweise harmlose Ursachen, z.B. funktionelle Verdauungsstörungen wie Reizmagen oder Reizdarm verbergen. Eine Ursachenforschung durch den Arzt ist hier unbedingt erforderlich, denn der Durchfall kann auch Symptom einer behandlungsbedürftigen schweren Erkrankung sein.
Der Reizdarm, auch nervöser Darm, Reizkolon oder Colon irritabile genannt, gehört zu den häufigsten Verdauungsproblemen überhaupt. Er wird den sogenannten funktionellen Magen-Darm-Beschwerden zugerechnet, die keine auffindbare organische Ursache haben. Trotzdem macht ein Reizdarm quälende Beschwerden: Bauchschmerzen, Völlegefühl und Blähungen treten auf, abwechselnd kommt es zu Verstopfung und Durchfall. Typisch ist, dass ein Wechsel der Stuhlbeschaffenheit mit krampfartigen Schmerzen verbunden ist, dass sich die Beschwerden nach dem Stuhlgang bessern und dass Durchfälle nie nachts, sondern hauptsächlich morgens, kurz nach dem Aufwachen auftreten.
Die Fachleute gehen heute davon aus, dass in erster Linie eine Überempfindlichkeit der Darmwände gegen Druck und chemische Reize für die Reizdarmbeschwerden verantwortlich ist.

Resorptionsstörungen können ebenfalls die Ursache von chronischen Durchfällen sein. Eine besonders häufige Erkrankung ist die Zöliakie oder Sprue. Zöliakie ist eine Resorptionsstörung aufgrund einer Nahrungsmittelunverträglichkeit gegen verschiedene Getreide-Eiweiße. Sie tritt oft schon im Kindesalter auf. Erkranken Menschen erst im Erwachsenenalter, wird das Krankheitsbild Sprue genannt. Meist treten die Symptome der Zöliakie erst auf, wenn Kleinkinder von der reinen Milchernährung auf getreidehaltige Nahrung umgestellt werden – also etwa zwischen dem sechsten und zwölften Lebensmonat. Ursache ist eine Überempfindlichkeit gegen das Klebereiweiß (Gluten), das in vielen einheimischen Getreidesorten (z.B. Roggen, Weizen, Hafer, Gerste) enthalten ist und – möglicherweise durch eine allergische Reaktion – die Dünndarmschleimhaut schwer schädigt. Der Darm kann dann die Nährstoffe nicht mehr richtig aufnehmen (resorbieren). In Deutschland ist etwa jedes tausendste Kind betroffen. Die Kinder haben Gedeihstörungen und Blutarmut und leiden unter übelriechenden gelblichen Durchfällen und Blähungen. Vorbeugend sollten Säuglinge so spät wie möglich von Muttermilch oder volladaptierter Milch auf Getreidebrei umgestellt werden. Glutenfreie Getreidesorten sind z.B. Reis, Mais, Buchweizen oder Hirse. Je später der Darm mit dem Allergen Gluten in Berührung kommt, um so weniger schwer wird der Darm geschädigt, weil der sogenannte Mukosablock inzwischen ausgereift ist. Sprue bei Erwachsenen äußert sich ebenfalls mit übelriechenden, fettigen Durchfällen. Es treten Blutarmut, Gewichtsverlust, Knochenschmerzen, Hauterkrankungen, Kribbeln oder Ödeme auf.

Eine Sonderform des chronischen Durchfalls stellt die „Toddlers Diarrhöe“ dar. Sie tritt wie die englische Bezeichnung (Toddler = Laufanfänger) schon ausdrückt meistens im späten Säuglingsalter bis Kleinkindalter auf (6 – 36 Monate). Typisch hierfür ist das Auftreten von 3 oder mehr durchfälligen Stühlen tagsüber (nachts sistiert der Durchfall) bei normalem Gedeihen und dem Fehlen von weiteren Beschwerden. Die Stühle normalisieren sich spontan spätestens bis zum Beginn des Schulalters.