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AIDS bei Jugendlichen

Infektion

Das Ungewöhnliche an AIDS ist, dass vom Zeitpunkt der Infektion bis zum Auftreten eines bedeutenden Immundefekts mit entsprechenden Krankheitszeichen viele Jahre vergehen können.

Nach Eindringen in den menschlichen Organismus infiziert HIV nur solche Zellen, die auch entsprechende Rezeptoren, also „Andockstellen“ für das Virus auf ihrer Oberfläche haben. (Dazu zählen im Wesentlichen das CD4-Molekül, das CXCR4-Molekül und das CCR5-Molekül.) Daher werden überwiegend Immunzellen wie Makrophagen und T-Helferzellen (CD4-Lymphozyten) infiziert. Diese Zellen spielen wichtige Rollen in der körpereigenen Abwehr. Nachdem das Virus in die Zellen eingedrungen ist, baut es sein Erbmaterial in die Zell-DNA ein und veranlasst die infizierten Zellen dann, seiner Vervielfältigung zu dienen.

Virusvermehrung und Immunantwort

Wenige Tage nach der Übertragung zerstören die Viren die Zelle, in die sie eingedrungen sind, und werden ins Blut freigesetzt. Sofort suchen sie sich einen neuen CD4-Lymphozyten und es kommt zu einer massiven Virusvermehrung, die hauptsächlich in den stattfindet. So werden täglich mehr als zehn Milliarden neuer HI-Viren gebildet. Um diesen Prozess zu stoppen, bildet der Organismus pro Tag etwa zwei Milliarden neuer CD4-Lymphozyten (T-Helferzellen), so dass die Virusmenge (Viruslast) im Blut abnimmt. Die Virusvermehrung lässt sich jedoch nicht völlig eindämmen. Dies liegt daran, dass HI-Viren sich ständig geringfügig verändern können, so dass immer neue Virus-Varianten entstehen, die der Immunabwehr noch unbekannt sind und ihr darum entgehen.

Immunabwehr und Virusvermehrung befinden sich jetzt in einer Art Gleichgewicht. Die neuen Virus-Varianten regen erneut eine Immunantwort an, die sie zerstören kann. Dazu müssen sich viele Zellen des Immunsystems vermehren, auch die infizierten T-Helferzellen und in ihnen das HIV. Gleichzeitig entwickeln sich wieder neue unbekannte Virus-Varianten. Dadurch bleibt das Immunsystem immer im aktivierten Zustand und produziert immer neue Varianten von HIV.

Durch die Vermehrung der Viren im Lymphgewebe verliert dieses im Verlauf von Jahren seine Funktionsfähigkeit. Die körpereigene Abwehr wird nach und nach zerstört. Jetzt können sich auch die Viren stark vermehren, die vorher von der Immunabwehr erkannt worden wären. Die im Blut messbare Virusmenge steigt deutlich an. Je höher die Viruslast ist, desto geringer wird die Anzahl der T-Helferzellen (CD4-Lymphozyten). Die Krankheit schreitet fort.
Auch vor dieser Phase kann es zu einem spontanen Anstieg der Viruslast kommen, der nichts mit einem fortgeschrittenen Krankheitsstadium zu tun hat. Ein solcher Anstieg tritt z.B. während anderer Erkrankungen auf, wenn das Immunsystem besonders gefordert ist. Meistens fällt die Anzahl der Viren im Blut innerhalb von 4-6 Wochen auf den Ausgangswert zurück.

Kritische Grenzen für Viruslast und für die Anzahl der T-Helferzellen im Blut richten sich nach dem Alter. Aus bisher weitgehend ungeklärten Gründen ist die Viruslast bei Kindern, die mit der Infektion zur Welt gekommen sind, in den ersten zwei Lebensjahren besonders hoch. Später nimmt sie bis zum Alter von 4-5 Jahren spontan ab. Diese Virusdynamik unterscheidet sich damit von der meist raschen Abnahme der Viruslast des unbehandelten Erwachsenen innerhalb weniger Monate nach der akuten Infektion.