Kinder- & Jugendärzte im Netz

Ihre Haus- und Fachärzte von der Geburt bis zum vollendeten 18. Lebensjahr

Herausgeber:

Kombinationsimpfstoff mit zu geringer Schutzwirkung – Europäische Behörde empfiehlt Rücknahme

Die Europäische Arzneimittelbehörde EMEA hat empfohlen, den Sechsfachimpfstoff „Hexavac“ vom Markt zu nehmen, da er möglicherweise nicht ausreicht, um eine sichere Langzeitschutzwirkung gegen Hepatitis B bis ins Erwachsenenalter zu erzeugen. Gegen die anderen 5 Krankheiten (Wundstarrkrampf, Diphtherie, Keuchhusten, Kinderlähmung, Haemophilus influenzae Typ b) sind die Kinder jedoch mit der Kombinationsimpfung ausreichend geschützt. Es gibt noch einen zweiten Sechsfachimpfstoff, der auch gegen Hepatitis B eine optimale Schutzwirkung erzielt...

Die Europäische Arzneimittelbehörde EMEA (European Medicines Agency) hat am Dienstag empfohlen, den in mehreren europäischen Ländern eingesetzten Kombinationsimpfstoff „Hexavac“ vom Markt zu nehmen. Grund hierfür ist die - in mehreren Studien aufgetretene – geringe Immunantwort gegen Hepatitis B – einer schweren Form der infektiösen Leberentzündung. Der Impfstoff, der Kleinkindern im ersten Lebensjahr gegeben wird, schützt gegen sechs gefährliche Infektionskrankheiten: Tetanus, Diphtherie, Pertussis (Keuchhusten), Poliomyelitis (Kinderlähmung), Haemophilus influenzae Typ b und Hepatitis B. Mehrere neue Studien kommen nun zu dem Ergebnis, dass bei etwa 5-20% der mit „Hexavac“ geimpften Kinder die Immunantwort gegen die im Impfstoff enthaltene Hepatitis-B-Komponente nach heutigem Wissensstand möglicherweise nicht ausreicht, um eine sichere Langzeitschutzwirkung bis ins Erwachsenenalter zu erzeugen. In Deutschland wird der Impfstoff seit Oktober 2000 eingesetzt. Schätzungsweise 1,5 Mio. Kinder wurden seitdem mit diesem Impfstoff geimpft. „Diese Rücknahme ist eine reine Vorsichtsmaßnahme der EMEA – noch ist nicht sicher, ob und wenn ja, wie viele der mit diesem Impfstoff geimpften Kinder keinen Schutz gegen Hepatitis B haben. Die Neubewertung von „Hexavac“ bezieht sich ausschließlich auf die Hepatitis-B-Komponente dieses Impfstoffes. Gegen die anderen 5 Krankheiten sind die Kinder ausreichend geschützt“, betont Dr. Wolfram Hartmann, Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte Deutschlands (BVKJ).

Sechsfachimpfstoffe haben sich in der Praxis bewährt
Seit der Einführung der Sechsfachimpfstoffe im Jahr 2000 wurden mehr als 3 Mio. Kinder in Deutschland mit diesen Kombinationsimpfstoffen geimpft. „Die Kinder vertragen diese Impfungen sehr gut – Nebenwirkungen sind äußerst selten“, berichtet Hartmann aus seinem Praxisalltag. Inzwischen werden über 80% der Kinder in Deutschland mit diesen Impfstoffen geimpft. Eine Abkehr von dieser Praxis hält der Ärztepräsident für unnötig: „Diese Mehrfach-Impfung erspart Kindern und Eltern viele Spritzen und Arzttermine. Es gibt einen zweiten Sechsfachimpfstoff, den wir einsetzen und der auch gegen Hepatitis B eine optimale Schutzwirkung erzielt. Deshalb besteht kein Grund, die bisherige Praxis zu ändern“, erläutert Dr. Hartmann

Weitere Informationen auf den Seiten der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMEA) und des Paul-Ehrlich-Institutes (PEI)
_______________________________________________________

Fragen und Antworten zur Rücknahme von dem Sechsfachimpfstoff Hexavac

Quelle: European Medicines Agency EMEA

Was ist Hexavac und wofür wird es verwendet?
Hexavac ist ein Impfstoff, der Säuglinge und Kinder vor 6 Krankheiten schützen soll: Diphtherie, Tetanus, Keuchhusten (Pertussis), Kinderlähmung (Poliomyelitis), Hämophilus influenzae Typ B und Hepatitis B.

Warum wurde für Hexavac das Ruhen der Zulassung angeordnet?
Hexavac wurde als Vorsorgemaßnahme vom Markt genommen, weil es Zweifel gibt, ob mit dem Impfstoff ein Langzeitschutz gegen Hepatitis B erzeugt wird. Es wurde herausgefunden, dass die Hepatitis-B-Komponente zu einer verminderten Immunantwort führt. Vermutlich sind Unregelmäßigkeiten während der Herstellung der Hepatitis-B-Komponente des Impfstoffs dafür verantwortlich, dass möglicherweise keine ausreichende Immunantwort für einen Langzeitschutz erzeugt wird.

Mein Kind wurde mit Hexavac geimpft. Ist mein Kind gegen irgendwelche der 6 Krankheiten geschützt?
Ihr Kind ist gegen Diphtherie, Tetanus, Keuchhusten (Pertussis), Kinderlähmung (Polio) und Hämophilus influenzae Typ B geschützt. Die Bedenken gelten nur dem Hepatitis-B-Schutz, und dabei speziell dem Langzeitschutz (5-10 Jahre). Es gibt vorerst keine Bedenken bezüglich des Kurzzeitschutzes gegen Hepatitis B.

Mein Kind wurde mit Hexavac geimpft. Braucht es eine zusätzliche Impfung gegen Hepatitis B?
Es besteht keine unmittelbare Notwendigkeit, Ihr Kind nachimpfen zu lassen. Dennoch wird die Herstellerfirma Sanofi Pasteur MSD dazu veranlasst, zu untersuchen, ob Kinder und Säuglinge möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt, etwa im jugendlichen Alter, mit einem Hepatitis-B-Impfstoff nachgeimpft werden sollen, um den Langzeitschutz gegen Hepatitis B zu erzeugen.

Bei meinem Kind wurde bereits mit der Grundimmunisierung mit Hexavac begonnen. Was soll ich tun?
Sie müssen vorerst nichts unternehmen. Bitte halten Sie den nächsten geplanten Termin mit Ihrem Kinder- und Jugendarzt ein. Sie/Er wird Ihnen erklären, wie die Impfserie, nach den Empfehlungen der Ständigen Impfkomission (STIKO), vervollständigt werden sollte.
Der Ausschuss für Humanarzneimittel (Committee for Medicinal Products for Human Use, CHMP) betont die Wichtigkeit von Impfungen und den Nutzen für jedes Individuum und die gesamte Bevölkerung. Die Impfungen sollten nach den Empfehlungen und Impfplänen der Ständigen Impfkommission (STIKO) fortgesetzt werden. Eltern wird empfohlen, alle Bedenken und mögliche Alternativen zur Impfung mit Hexavac mit Ihrem Kinder- und Jugendarzt zu besprechen.

Gibt es andere Impfstoffe, die anstelle von Hexavac verwendet werden können?
In Deutschland gibt es einen weiteren Sechsfachimpfstoff und andere Kombinationsmöglichkeiten, mit denen Kinder und Säuglinge gegen diese schweren und potentiell lebensbedrohlichen Krankheiten geimpft werden können.

Was bedeutet das Ruhen der Marktzulassung für Hexavac?
Das Ruhen der Marktzulassung durch die europäische Behörde EMEA ist eine Vorsichtsmaßnahme.
Während dem Zeitraum der Aussetzung ist Hexavac nicht erhältlich. Sobald die Sachfragen gelöst sind, könnte Hexavac auf dem Markt wiedereingeführt werden.

Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Aussetzung und vorhergehender CHMP Mitteilungen zum plötzlicher unerwarteter Kindstod (SUD)?
Nein, die beiden Punkte hängen nicht miteinander zusammen. Der Ausschuss für Humanarzneimittel (Committee for Medicinal Products for Human Use, CHMP) hatte zuvor eine mögliche Verbindung zwischen SUD und Hexavac untersucht und kam, unter Berücksichtigung der vorliegenden Beweise, zu der Feststellung, dass keine Gefahr für die Bevölkerung besteht.

In welchen Ländern war Hexavac erhältlich?
Hexavac war in der Europäischen Union, in Österreich, Zypern, Tschechischen Republik, Frankreich, Deutschland, Griechenland, Italien, Litauen, Slowakei und Schweden erhältlich. Zudem war es weltweit in weiteren 19 Ländern erhältlich.