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Pädiater warnen vor gefährlichen Masernerkrankungen

Angesichts der steigenden Masernzahlen in Deutschland warnen die pädiatrischen Verbände unter dem Dach der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendmedizin (DAKJ) zu Beginn der Europäischen Impfwoche vor der hoch ansteckenden Infektionskrankheit.

Laut Angaben des Robert Koch-Institutes (RKI) in Berlin haben sich seit Beginn des Jahres bereits mehr als 450 Menschen mit Masern infiziert. Darunter leider auch über 50 Säuglinge. „Erkrankungen im Säuglingsalter verlaufen anfangs oft ohne die typischen Symptome und erscheinen zunächst eher harmlos. Leider wissen wir, dass diese Infektionen gerade nach Erkrankung in den ersten Lebensjahren nicht selten zu gravierenden Spätfolgen führen können. Die chronische Maserngehirnentzündung (Subakute Sklerosierende Panenzephalitis – kurz SSPE) tritt erst Jahre nach der eigentlichen Erkrankung auf und endet immer tödlich. Durch die Vermehrung der Masernviren wird das Gehirn zerstört – die Betroffenen verlieren nach und nach alle Fähigkeiten, die sie einmal besessen haben. Am Ende dieses Zerstörungsprozesses steht der Tod. Daher müssen Infektionen in den ersten Lebensjahren unbedingt vermieden werden“, warnt Dr. Martin Terhardt, niedergelassener Kinder- und Jugendarzt aus Berlin. Die Ständige Impfkommission (STIKO) am RKI in Berlin empfiehlt eine zweimalige Impfung gegen Masern, beginnend ab dem Alter von 9 bis 11 Monaten. Um die Masern zu eliminieren, sind nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) Impfquoten von mehr als 95% für beide Impfungen notwendig. Trotz des Anstieges der Impfquoten in den vergangenen Jahren sieht Dr. Terhardt noch große Probleme für das Ziel, diese gefährliche Erkrankung auch in Deutschland auszurotten. „Unsere Kinder sind inzwischen gut, wenn auch manchmal zu spät, geimpft. Bei den jungen Erwachsenen gibt es dagegen große Impflücken. Genaue Zahlen sind nicht bekannt, da es die Meldepflicht für Masern erst seit 2001 gibt und wir die genauen Impfquoten aus den 80er- und 90er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts nicht kennen. Viele Menschen aus diesen Generationen haben die Masern selbst nicht durchgemacht und wurden – wenn überhaupt – nur einmal geimpft. Die Frauen aus diesen Generationen sind jetzt in einem Alter, in dem sie selbst Kinder bekommen können. Ohne die Überprüfung des eigenen Impfstatus besteht die Gefahr, dass die eigenen Kinder dann vollkommen ohne Schutz gegen Masern auf die Welt kommen. Denn nur geschützte Mütter können die lebensrettenden Antikörper über das Nabelschnurblut an ihre Kinder weitergeben. Säuglinge ohne diesen „Nestschutz“ können sich ab dem ersten Lebenstag mit Masern anstecken. Je früher aber eine Infektion mit Masern stattfindet, desto höher ist die Gefahr einer chronischen Maserngehirnentzündung“, fasst Terhardt, der auch Mitglied der STIKO ist, den Teufelskreis der Maserinfektion zusammen.

Impfkritiker versuchen die Impfung gegen Masern zu diskreditieren

Neben der Problematik, Nachholimpfungen bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen durchzuführen, ist die DAKJ in Sorge, dass sich viele Menschen durch bewusst gestreute Fehlinformationen über Impfungen verunsichern lassen. So werden im Internet auf den Seiten der Impfgegner immer wieder Argumente aufgeführt, die längst widerlegt sind oder einer wissenschaftlichen Überprüfung nicht standhalten. Das häufig zitierte Argument, dass Impfungen Allergien auslösen, wurde mit der Deutschen Einheit ad absurdum geführt. Denn in der ehemaligen DDR gab es quasi eine Impfpflicht, aber kaum Allergien. Nach dem Zusammenschluss der beiden deutschen Staaten sank die Impfquote im Osten – gleichzeitig stieg die Zahl der Allergien dort aber an, was zeigte, dass es keinerlei Zusammenhang zwischen Impfungen und Allergien gibt. Gleiches gilt für den immer wieder aufgeführten Zusammenhang zwischen dem sogenannten „Plötzlichen Kindstod“ (engl. sudden infant death syndrome – kurz SIDS) und dem Einsatz einer Impfung in Deutschland, bei der Säuglinge im ersten Lebensjahr mit einer Spritze gegen 5 bzw. 6 potenziell tödliche Infektionskrankheiten geschützt werden. Als die Pädiater den Eltern empfahlen, ihre Babys nur noch in Rückenlage schlafen zu lassen, ging die Zahl der „SIDS-Fälle“ in Deutschland deutlich zurück, obwohl die Mehrfachimpfungen gleichzeitig zunahmen.

Aktuell versuchen die Impfgegner, mit Hilfe eines Kinofilms die Impfung gegen Masern zu diskreditieren. Regisseur des Films ist Andrew Wakefield, dem bereits 2010 durch die britische Ärztekammer die Berufserlaubnis als Viszeralchirurg entzogen wurde, da er eine Studie gefälscht hatte, um einen Zusammenhang zwischen Masernimpfungen und Autismus herzustellen. Nun soll eine Verbindung zwischen Impfung und Erkrankung filmisch erneut konstruiert werden. Im Mittelpunkt stehen dabei der Masern-Mumps-Röteln(MMR)-Impfstoff und der Konservierungsstoff Thiomersal, die laut Film das Risiko für Autismus erhöhen sollen. Alle verfügbaren Metaanalysen, die aktuell auch vom Paul-Ehrlich-Institut (PEI - oberste Zulassungsbehörde für Impfstoffe in Deutschland) veröffentlicht wurden, zeigen, dass es keinen Zusammenhang zwischen den MMR-Impfstoffen, diesem Konservierungsstoff und der Entstehung von Autismus und anderen neurologischen Erkrankungen gibt. In den in Deutschland verwendeten Impfstoffen ist Thiomersal seit den 90er-Jahren gar nicht mehr vorhanden, da es inzwischen modernere Methoden gibt, Impfstoffe haltbar zu machen. „Besonders irritierend ist die Behauptung im Film, dass die Mono-Impfung gegen Masern angeblich ein geringeres Risiko für Autismus haben soll als die kombinierte Impfung gegen Masern, Mumps und Röteln“, zeigte sich Martin Terhardt erstaunt, nachdem er den Film gesehen hatte. „Denn dazu gibt es weltweit keine einzige Untersuchung“. Ob diese filmische Einschätzung damit zusammenhängt, dass Andrew Wakefield ein Patent für die Masern-Mono-Impfung besitzt, ist der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendmedizin nicht bekannt.

Unterzeichner:
Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendmedizin (DAKJ)
Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ)
Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ)
Deutsche Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin (DGSPJ)

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Dies ist eine gemeinsame Pressemeldung der DAKJ, des BVKJ, der DGKJ und der DGSPJ. Der Abdruck dieser Pressemeldung oder von Teilen des Artikels ist unter folgender Quellenangabe möglich: www.dakj.de, www.kinderaerzte-im-netz.de, www.dgkj.de oder www.dgspj.de. Bei Veröffentlichung in Online-Medien muss die Quellenangabe auf eine dieser Startseite verlinken. Fotos und Abbildungen dürfen grundsätzlich nicht übernommen werden
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