Kinder- & Jugendärzte im Netz

Ihre Haus- und Fachärzte von der Geburt bis zum vollendeten 18. Lebensjahr

Herausgeber:

Masern im Großraum Stuttgart breiten sich aus

Mittlerweile hat sich die Zahl der Masernerkrankungen seit Jahresbeginn in Esslingen und Umgebung auf über 40 Fälle erhöht. Betroffene hatten keinen oder einen nur unzureichenden Impfschutz. Leider haben sich auch vier Säuglinge angesteckt. Neueste Studien zeigen, dass eine Maserninfektion im ersten Lebensjahr das Risiko für eine so genannte Subakute Sklerosierende Panenzephalitis (SSPE) erhöht. Sie führt zu einer fortschreitenden Zerstörung des Gehirns...

Die Zahl der Masernerkrankungen, die seit Anfang des Jahres in Esslingen und Umgebung gemeldet wurden, hat sich inzwischen auf über 40 Fälle erhöht. Wie das Gesundheitsamt in Stuttgart mitteilte, sind nun auch vierzehn Erkrankungen in der Landeshauptstadt gemeldet worden (Stand: 08.03.06). Ob zwischen den Erkrankungen im Landkreis Esslingen und den aktuellen Fällen in Stuttgart ein Zusammenhang besteht, lässt sich nicht sagen. Fast alle Betroffenen hatten keinen oder einen nur unzureichenden Impfschutz. Leider haben sich auch vier Säuglinge angesteckt. Die Durchimpfungsquoten bei Einschulungskindern in Stuttgart liegen bei etwa 80% für die zweite Impfung – das ist im Vergleich zu anderen europäischen Ländern und den USA eher niedrig. Viele der Erkrankten kommen aus Familien, die aus ideologischen Gründen die meisten Impfungen ablehnen. „Wir rechnen mit weiteren Erkrankungen , da die Kinder zum Teil auch in Gemeinschaftseinrichtungen gehen “, erläutert die Kinderärztin Frau Dr. Schmidt-Lachenmann vom Gesundheitsamt der Landeshauptstadt Stuttgart. Im Gegensatz zu den herkömmlichen Schulen, gibt es z. B. für die Waldorfschulen keinen klassischen Schulsprengel, d.h., die Kinder kommen aus unterschiedlichen Stadtteilen und umliegenden Gemeinden - teilweise aus größerer Entfernung - in diese Einrichtungen. Insofern ist die Ausbreitung der Infektion nicht lokal einzugrenzen. „Ich empfehle natürlich die Impfung gegen Masern, Mumps und Röteln nach den Richtlinien der Ständigen Impfkommission (STIKO) des Robert Koch-Institutes (RKI), denn Masern sind nicht nur hochansteckend, sondern es kann auch zu gefährlichen Komplikationen kommen“, warnt Frau Dr. Schmidt-Lachenmann. Inwiefern diese Empfehlungen an den betroffenen Gemeinschaftseinrichtungen und insbesondere von den dort beratenden Ärzten eingehalten werden, ist nicht bekannt.

Ansteckungen im ersten Lebensjahr können gravierende Folgen haben
Typisch für Masern ist der Ausschlag, der sich über den ganzen Körper ausbreiten kann. Hinzu kommen häufig tränende, lichtempfindliche Augen. Gefürchtet sind die Komplikationen - wie Lungen- oder Gehirnentzündungen -, die mit den Masern auftreten können. Bei Säuglingen treten die Symptome oft in stark abgeschwächter Form auf – nicht selten werden die Masern gar nicht erkannt und schon nach wenigen Tagen können diese leichten Symptome auch wieder verschwinden. Doch neueste Studien zeigen, dass bei Maserninfektionen im ersten Lebensjahr eine Erkrankung gehäuft auftritt, die immer tödlich endet. Die so genannte Subakute Sklerosierende Panenzephalitis – kurz SSPE – führt zu einer fortschreitenden Zerstörung des Gehirns. „Wir wissen inzwischen, dass Säuglinge, die sich im ersten Lebensjahr mit Masern anstecken, ein erhöhtes Risiko haben, an SSPE zu erkranken. Von Februar 2005 bis heute sind alleine in Deutschland neun Fälle dieser tödlichen Erkrankung bekannt geworden. Bei allen Kindern war die Erkrankung auf eine Masernansteckung im ersten Lebensjahr zurückzuführen“, verweist Prof. Heinz-J. Schmitt, Vorsitzender der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut (RKI) und Infektiologe an der Universitätsklinik in Mainz, auf Erkenntnisse des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ). „Die Impfung gegen Masern, Mumps und Röteln ist in Deutschland zwar erst ab dem ersten Lebensjahr empfohlen – dort, wo sich Masern ausbreiten, würde ich aber auch schon früher impfen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt diese Impfungen in vielen Ländern - wie z.B. in Frankreich - schon ab neun Monaten, teilweise gelten die Impfempfehlungen schon ab dem sechsten Monat. Dabei ist aber zu beachten, dass diese zusätzliche Impfung die beiden regulären Impfungen im zweiten Lebensjahr nicht ersetzt. Die von der STIKO empfohlenen Impfungen gegen Masern, Mumps und Röteln sollten dann im zweiten Lebensjahr durchgeführt werden“, empfiehlt Schmitt.