Kinder- & Jugendärzte im Netz

Ihre Haus- und Fachärzte von der Geburt bis zum vollendeten 18. Lebensjahr

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Kinder- und Jugendärzte sind erster Ansprechpartner für die Altersgruppe 0 bis 18 Jahre

Hauterkrankungen im Kindes- und Jugendalter, speziell Neurodermitis, und die gravierenden Auswirkungen der Gesundheitspolitik für die Kinder- und Jugendmedizin sowie mögliche Lösungsvorschläge stehen im Mittelpunkt des diesjährigen Herbst-Kongresses des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) im hessischen Bad Orb...

Hauterkrankungen sind das Schwerpunktthema des 32. Herbst-Kongresses des BVKJ, der besondere Fokus liegt hier auf der Neurodermitis. Denn gerade die Beratung rund um Allergien und Neurodermitis nimmt in der kinder- und jugendärztlichen eine herausragende Stellung ein. Neurodermitis ist eine komplexe Erkrankung, die eine besondere Strategie in der Behandlung erfordert. Deshalb sind in den letzten Jahren in Klinik und Praxis zunehmend Schulungen für Eltern und betroffene Kinder eingerichtet worden. Hier werden wichtige Informationen zur Ernährung, zum Wohnbereich, zur Behandlung und zur Kleidung gegeben, ebenso Tipps zur dauerhaften Hautpflege im symptomarmen Intervall.

Kinder- und Jugendmediziner sind Neurodermitis-Spezialisten
Zur Therapie der Neurodermitis stehen verschiedene Präparate zur Verfügung, die individuell sehr unterschiedlich wirken. Deshalb bedarf es einer großen Erfahrung, die Hauterkrankung zu lindern oder auch zu heilen, erklärt der wissenschaftliche Leiter des Kongresses Prof. Stefan Wirth vom Helios Klinikum in Wuppertal. Für extreme Fälle müssen auch Cortison-Präparate eingesetzt werden, bevor durch intensives Kratzen mit Gefahr einer zusätzlichen Hautinfektion die Erkrankung verschlimmert wird und die Eltern vor der nächtlichen Unruhe verzweifeln. Seit zwei Jahren gibt es wirksame, cortisonfreie Salben, die im Gegensatz zu Cortison auch bei längerem Gebrauch kaum Nebenwirkungen zeigen. Die Akzeptanz der Eltern und damit die Heilungschance sind hier deutlich erhöht. Generell, so Prof. Wirth, sind Kinder- und Jugendärzte in der Behandlung der Neurodermitis den meisten Dermatologen überlegen, da sie die familiäre Situation kennen und oft mit einfachen Mitteln helfen können. Es bildet sich ein Vertrauensverhältnis, das oft über das 18. Lebensjahr hinausreicht. Dies zeigt auch eine Untersuchung der häufigsten Diagnosen der Kinder- und Jugendarztpraxen aus dem 1. Quartal 2004: Hier zählen bei Kindern zwischen dem 12. bis 18. Lebensjahr chronische Erkrankungen (Neurodermitis, Asthma und Pollenallergie ) zu den häufigsten Erkrankungen, weswegen diese Altergruppe einen Kinder- und Jugendarzt aufsucht.

Gesundheitspolitik trifft vor allem chronische Jugendliche
Ein weiteres wichtiges Thema des großen BVKJ-Kongresses sind die negativen Auswirkungen der Gesundheitspolitik auf die Kinder- und Jugendmedizin. Trotz gegenteiliger Beteuerungen der Politik wurde der Rotstift auch bei der gesundheitlichen Betreuung von Jugendlichen angesetzt und führt zu schlechterer Versorgung chronisch kranker Jugendlicher mit möglichen Spätfolgen, kritisiert der BVKJ-Präsident Dr. Wolfram Hartmann. Dies betrifft zum Beispiel die nicht-verschreibungspflichtigen (OTC-)Präparate bei den über 12-jährigen und die unzureichende Umsetzung der Vorsorge mittels Impfungen gemäß Empfehlung der Ständigen Impfkommission beim Robert-Koch-Institut (STIKO) durch Blockadehaltung der gesetzlichen Krankenversicherungen.

Arzneimittel(un)sicherheit?!
Auch das in diesem Jahr verabschiedete Arzneimittelgesetz (AMG) hat hinsichtlich der Arzneimittelsicherheit für Kinder und Jugendliche und ihrer behandelnden Ärzte keine Sicherheit geschaffen. Hier ist man trotz sachkundiger Beratung durch die kinder- und jugendmedizinischen Verbände auf halbem Weg stehen geblieben. Weiterhin sind Kinder- und Jugendärzte gezwungen Arzneimittel, die für junge Altersgruppen nicht zugelassen sind, aber zum Therapiestandard bei chronischen Erkrankungen gehören, mit einem hohen Risiko persönlicher Haftung (off-label) zu verordnen. Arzneimittelforschung an Kindern ist in Deutschland weiterhin kaum möglich, obwohl die Kinderheilkunde und Jugendmedizin durch Ethik-Kommissionen abgesicherte Lösungsmöglichkeiten angeboten hat.

Allgemeinmedizinern fehlt das besondere Know-How der Kinder- und Jugendmedizin
Ebenso setzen einige Kassen (BEK, AOK) auf Hausarztmodelle, die nicht der Verbesserung der medizinischen Versorgung dienen, sondern lediglich das Image der Kassen heben sollen, indem ihre Mitglieder von Praxisgebühr und Zuzahlungen befreit werden. Die so genannten “Hausärzte”, also Allgemeinärzte, praktische Ärzte und hausärztliche Internisten sind in ihrer großen Mehrheit im Gebiet der Kinder- und Jugendmedizin weder weiter- noch fortgebildet, sollen aber im Rahmen der so genannten "hausarztzentrierten Versorgung" für alle Altersgruppen der erste Ansprechpartner sein. Dabei ist bewiesen, dass die Versorgung von Kindern und Jugendlichen durch entsprechend weitergebildete Kinder- und Jugendärzte etwa 30% kostengünstiger ist als die Versorgung durch Ärzte anderer Fachgruppen (medikamentöse Therapie, Verordnung von Heil- und Hilfsmitteln, Verordnung stationärer Leistungen).

Zudem ist nach Erhebungen des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) im Rahmen der Einschulungsuntersuchungen die Durchimpfungsrate und Inanspruchnahme der gesetzlichen Vorsorgeuntersuchungen bei Kindern, die von Kinder- und Jugendärzten betreut werden, deutlich höher als bei der Betreuung durch Ärzte anderer Fachgruppen. So werden zum Beispiel in Deutschland ca. 60% aller Impfungen von Kinder- und Jugendärzten durchgeführt, wobei die Altersgruppe der 0- bis 18-Jährigen in der Bevölkerung nur einen Anteil von ca. 18 % ausmacht.

BVKJ-Bonusmodell für Früherkennung und Impfvorsorge beim Pädiater
Der BVKJ hat deshalb ein Modell einer so genannten “Pädiatriezentrierten Versorgung” entworfen, bei dem sich die Patienten für ein Jahr beim Pädiater, d.h. beim Kinder- und Jugendarzt, einschreiben können. Bei vollständiger Inanspruchnahme der Früherkennungs-untersuchungen und bei kompletter Impfung gemäß den Empfehlungen der STIKO sollten die Kassen ihren Versicherten Boni in Form von Anreizen bieten, welche die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen fördern, so zum Beispiel.

  • Fahrradhelme, Sportgeräte, sichere Schulranzen und Rucksäcke,
  • Beiträge für Sportvereine, Jahreskarte für das Schwimmbad,
  • Übernahme der Kosten für zusätzliche sinnvolle Impfungen (Hepatitis A, Meningo-kokken C) und Vorsorgeuntersuchungen (zusätzl. Vorsorgen im Kleinkind- und Schulalter {U7 plus vor Eintritt in den Kindergarten mit 3 J., S1 nach den ersten Erfahrungen in der Grundschule im 2. Schuljahr, S2 vor dem Übergang in eine weiter-führende Schule im 4. Schuljahr, J2 vor Eintritt in das Berufsleben mit 16 bis 18 J.]),
  • Übernahme der Kosten für OTC-Präparate bei über 12-jährigen, die zum Therapiestandard bei chronischen Erkrankungen gehören ( z.B. Allergien, Stoffwechselstörungen, Rheuma, Neurodermitis).

Hier ließen sich tatsächlich Kosten einsparen, die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen würde sich verbessern, erklärt Dr. Hartmann. Im Gegensatz zum Hausärzte-Modell mit Einschreibehonoraren fordert der BVKJ für sein Angebot kein zusätzliches Honorar.