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Allergien bei Kindern auf dem Vormarsch

Schon jedes fünfte Kind in Deutschland leidet unter allergischen Erkrankungen. Eltern können vorbeugen, indem sie einige Regeln beachten. So kann Stillen schützend wirken, Raucher im Haushalt gelten dagegen als Risikofaktor für Allergien…

Die Zahl der kleinen Allergiker wächst rasant: Schon jedes fünfte Kind in Deutschland wird von Heuschnupfen, Asthma, Neurodermitis oder Nahrungsmittelallergien geplagt, wie der Marburger Mediziner Prof. Dr. Harald Renz beobachtet. „In den vergangenen 30 Jahren haben Allergien dramatisch zugenommen, und die Erkrankungen werden sich künftig noch weiter ausbreiten.“ Doch damit juckender Ausschlag, tränende Augen und Luftnot ihren Kindern nicht das Leben schwer machen, können Eltern auf einige Regeln achten. „Schließlich kommen Menschen zunächst ohne Allergien auf die Welt“, sagt Professor Renz.

Harmlose Gegner werden zu Feinden fürs Immunsystem
Das Immunsystem von Allergikern stürzt sich auf eigentlich harmlose Gegner wie Blütenpollen oder Tierhaare - und wehrt sich so heftig gegen die vermeintlich gefährlichen Substanzen, dass es zu den typischen Krankheitszeichen kommt. Warum das Abwehrsystem verrückt spielt und die chronischen Entzündungen verursacht, liegt laut Professor Renz bisher weitgehend im Dunkeln. „Die Ursache dieser fehlgeleiteten Immunantwort ist die heißeste Frage in der Allergieforschung.“

Die Neigung, an Allergien zu erkranken, wird zum Teil vererbt. Ein besonders hohes Risiko haben Kinder, deren Eltern oder Geschwister ebenfalls überempfindlich auf bestimmte Stoffe reagieren. Für Mütter und Väter dieser so genannten Risikokinder hat das Aktionsbündnis Allergieprävention (abap) Leitlinien entwickelt, um Heuschnupfen, Asthma oder Ekzemen vorzubeugen.

Stillen schützt vor Allergien
Nach den Empfehlungen sollten Mütter mindestens vier Monate lang voll stillen und in dieser Zeit keine Beikost geben. Wer sein Baby nicht stillen kann, sollte es mit hypoallergener Säuglingsnahrung auf Caseinbasis füttern, rät der Koordinator des abap-Bündnisses, der Gießener Medizinprofessor Dr. Uwe Gieler: Das darin enthaltene Eiweiß ist so stark zerlegt, dass es meist keine Allergie mehr auslöst. „Ab dem sechsten Lebensmonat lassen sich Allergien über die Nahrung nicht mehr präventiv beeinflussen, das muss vorher geschehen“, erklärt Dr. Ernst Rietschel von der Kinderklinik Köln, der auch Vorsitzender der Gesellschaft für pädiatrische Allergologie und Umweltmedizin ist.

Rauchende Eltern gelten als Risikofaktor
Eine besondere Diät während der Schwangerschaft ist Professor Gieler zufolge dagegen nicht notwendig. Ob Allergien bei Kindern verhindert werden, wenn die Mutter Milchsäurebakterien nimmt, müsse in weiteren Studien untersucht werden. Wichtig sei aber, dass beide Eltern nicht rauchen, betont Dr. Wolfram Hartmann, der Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte in Köln. „Gerade die Väter achten oft nicht darauf, dass die Mütter dann passiv mitrauchen.“

Die Haltung von Haustieren werde inzwischen „nicht mehr so verteufelt“, erklärt abap-Koordinator Professor Gieler. „Hunde scheinen Allergien nicht zu fördern, die Haltung von Katzen aber sollte bei bekanntem Allergierisiko vermieden werden.“ Allergiegefährdete Kinder sollten möglichst wenig mit Hausstaubmilben in Berührung kommen und undurchlässige Matratzenüberzüge verwenden. Ratsam sei zudem, die Wohnung oft zu lüften, damit Schimmelpilze keine Chance haben.

Eine keimfreie Umgebung scheint „allergieförderlich“
Klar ist für die Mediziner: Mangelnder Kontakt zu Keimen macht anfällig für Allergien. „Ein bisschen Dreck tut gut, weil das Immunsystem trainiert wird“, fasst Allergologe Professor Renz die so genannte Hygiene-Hypothese zusammen. So leiden Kinder, die auf einem Bauernhof aufwachsen, deutlich seltener an Heuschnupfen und Asthma.

„Man kann natürlich nicht alle Leute aufs Land schicken“, sagt Dr. Hartmann. Wenn Kinder aber Krabbelgruppen besuchen, werde ihr Abwehrsystem ebenfalls mit Erregern konfrontiert. „Wir schotten unsere Kinder zu sehr ab“, kritisiert auch Prof. Gieler. Warum etwa sollten Eltern Fußböden desinfizieren und die Kleinen nicht mal im Schlamm spielen lassen?