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Depressionen fordern mehr Tote als Verkehrsunfälle

Den größten Anteil der jährlich 12 000 Selbstmorde in Deutschland führen Experten auf Depressionen zurück. Diese Zahl übersteigt mittlerweile sogar die Zahl der Verkehrstoten. Fachleute sprechen angesichts dieser Statistik bei der Depression von einer «Volkskrankheit». Mehr als 4 Millionen Menschen sind allein in Deutschland betroffen.

Traurigkeit und Niedergeschlagenheit kennt jeder Mensch. Andauernder Trübsinn aber kann zu einer Depression führen. „Depressionen werden oft mit einer schlechten Stimmung verwechselt“, sagt Professor Ulrich Hegerl, Sprecher des Kompetenznetzes Depression in der Psychiatrischen Klinik der Ludwig-Maximilians-Universität München. Mit Stimmungsschwankungen hätten sie aber nichts zu tun: „Depression ist eine schwere, oft lebensgefährliche Krankheit.“
Typische Symptome für eine Depression sind eine negative Stimmung, Antriebslosigkeit, Schlaf- und Appetitlosigkeit sowie ein vermindertes Selbstwertgefühl. Viele Depressive ziehen sich von Freunden und Familien zurück, klagen über Kopf- und Rückenschmerzen oder Magen-Darm-Beschwerden. Dennoch werden Depressionen laut dem Nürnberger Bündnis gegen Depression immer noch „irgendwo zwischen Einbildung und Schnupfen“ eingeordnet. Dabei ist rechtzeitige Behandlung sehr wichtig: Viele leiden so sehr unter der Krankheit, dass sie sich das Leben nehmen oder Suizidversuche unternehmen.

Gemessen an Dauer und Schwere der Beeinträchtigung liegen Depressionen noch vor Alkoholismus oder Diabetes . Und die Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Genf sagt weiter steigende Krankenzahlen voraus. Ein Grund ist, dass Depressionen oft von Betroffenen, Ärzten, Angehörigen und Freunden falsch eingeschätzt werden. „Über die Hälfte aller Depressionen wird nicht erkannt“, so
Ulrich Hegerl.
„Oft verstecken sich Depressionen hinter körperlichen Beschwerden“, sagt Frank Behrmann, leitender Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie in der Klinik Schwedenstein in Pulsnitz bei Dresden.
Viele Betroffenen wollten sich aber gar nicht behandeln lassen. Psychische Erkrankungen gelten nach wie vor als «Makel», so Juliane Petersen-Frey, Oberärztin in der Ersten Psychiatrischen Abteilung des
Klinikums Nord in Hamburg-Ochsenzoll. Nach einer Studie der Universität Mainz befürchten 80% der Kranken Nachteile in Beruf und Privatleben, falls ihre Erkrankung bekannt wird.
Mancher macht sich aber auch Sorgen wegen der Nebenwirkungen der verordneten Medikamente. „Viele denken, Antidepressiva machen abhängig oder verändern die Persönlichkeit“, so Behrmann. Dabei seien die Nebenwirkungen bei den neuen Mitteln geringer als früher, so Juliane Petersen-Frey: „Die Entwicklung der Präparate hat sich in den letzten 20 Jahren stark beschleunigt.“

„Depressionen können jeden treffen“, so Behrmann. Manchmal tauchen sie scheinbar grundlos auf. Meist liegen aber sowohl körperliche als auch seelische Ursachen vor. Zu den körperlichen Ursachen zählen Erkrankungen des Gehirns, Infektionen, Herz-Kreislauferkrankungen, Stoffwechselerkrankungen oder Nebenwirkungen von Medikamenten. Auch anhaltender Stress, der Tod eines Familienmitglieds oder Freundes, der Verlust des Arbeitsplatzes oder eine Trauerreaktion auf das Ende einer Partnerschaft sind mögliche Ursachen.

Frank Behrmann macht Betroffenen Mut: „Die Psychotherapie ist heute viel präziser geworden“, sagt er. Bei rechtzeitiger Behandlung könne annähernd 80% aller Depressionspatienten geholfen werden. Informationen und Hilfe gebe es beim Hausarzt. „Aber da muss ich offen und ehrlich sein“, mahnt Ulrich Hegerl. Nach einer stationären und ambulanten Therapie, zumeist eine Kombination von Medikamenten und Psychotherapie, helfen Selbsthilfeorganisationen. Auch Gesundheitsämter helfen.

Weitere Informationen: Nationale Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen (NAKOS),
Albrecht-Achilles-Straße 65, 10709 Berlin
Tel.: 030/891 40 19
Fax: 893 40 14
E-Mail: nakos@gmx.de

Im Internet:
www.kompetenznetz-depression.de
www.depression.de
www.buendnis-gegen-depression.de