Zusammenhang zwischen Autismus und Herzfehlern gibt Hoffnung auf frühzeitige Autismusdiagnose

Autismus kann zusammen mit angeborenen Herzfehlern auftreten, die die Struktur, das Wachstum und die Funktion des Herzens beeinträchtigen. Da angeborene Herzfehler bei Neugeborenen leicht erkannt werden können, könnte die Diagnose angeborener Herzfehler dazu beitragen, Kinder mit einem höheren Autismusrisiko früher zu identifizieren. Amerikanische Wissenschaftler*innen haben nun 45 Gene ermittelt, die vermutlich an der Entwicklung beider Erkrankungen beteiligt sind.

© Andrea Danti - Fotolia.com

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Autismus-Spektrum-Störungen sind komplexe neurologische Entwicklungsstörungen, von denen weltweit etwa 1 von 100 Kindern betroffen ist. Eine frühzeitige Diagnose würde ein rechtzeitiges Eingreifen ermöglichen, um die Entwicklung und Lebensqualität von Kindern mit Autismus zu verbessern. Wissenschaftler*innen haben über 200 Gene identifiziert, die die Entwicklung von Autismus beeinflussen. Doch das Risiko, an Autismus zu erkranken, lässt sich anhand genetischer Informationen nicht einfach vorhersagen.

Amerikanische Expert*innen untersuchten, warum die beiden Erkrankungen, die die Entwicklung des Gehirns bzw. des Herzens beeinträchtigen, gemeinsam auftreten. Ein Wissenschaftlerteam unter der Leitung von Dr. Helen Willsey von der University of California in San Francisco, USA, entdeckte, dass winzige haarähnliche Strukturen, sogenannte Zilien, die auf der Oberfläche fast jeder Zelle zu finden sind, der gemeinsamen Biologie von Autismus und angeborenen Herzfehlern zugrunde liegen. Dies kann dazu beitragen, zukünftig Kinder mit Autismusrisiko früher zu erkennen. Die Studie wurde am 24. Juni 2025 in der Fachzeitschrift Development veröffentlicht.

„Das Verständnis der biologischen Überschneidungen zwischen Autismus und angeborenen Herzfehlern war allein aufgrund der schieren Anzahl der an beiden Erkrankungen beteiligten Risikogene technisch anspruchsvoll“, verdeutlichte Willsey. Frühere Erkenntnisse hatten gezeigt, dass Mutationen in 361 Genen das Risiko erhöhen, entweder Autismus, einen angeborenen Herzfehler oder beides zu entwickeln. Die Forschenden fragten sich, ob Gene, die mit angeborenen Herzfehlern in Verbindung stehen und Nervenzellen direkt beeinflussen, möglicherweise auch das Autismusrisiko erhöhen. „Hier haben wir uns darauf konzentriert, wie diese Risikogene die Entwicklung von Gehirn und Herz beeinflussen und zur Erkrankung beitragen“, sagte Willsey. Nia Teerikorpi, die die meisten Experimente dieser Studie durchführte, züchtete im Labor unreife menschliche Nervenzellen, denen eines der 361 Schlüsselgene fehlte, und beobachtete das Zellwachstum. Sie fand 45 Gene, die das Wachstum der Nervenzellen beeinflussten. Bei genauerer Betrachtung stellten Teerikorpi und das Team fest, dass alle 45 Gene Einfluss auf winzige haarähnliche Ausstülpungen (Zilien) haben, die von unseren Zellen ausgehen und an Bewegung, Empfindung und Kommunikation zwischen Zellen beteiligt sind. Willsey erklärte, warum ein Gen dieser Gruppe – TAOK1 – ihre Aufmerksamkeit erregte: „Patient*innen mit Mutationen im TAOK1-Gen scheinen ein höheres Risiko zu haben, an Autismus zu erkranken. Wir hatten TAOK1 bereits zuvor als ein prädiktives Risikogen für angeborene Herzerkrankungen identifiziert, aber noch nicht getestet, ob es an der Herzentwicklung beteiligt ist.“ Das erneute Auftreten dieses Gens in dieser Arbeit zur gemeinsamen Biologie der beiden Erkrankungen motivierte uns, es genauer zu untersuchen.

Um die Rolle von TAOK1 in Herz und Gehirn zu untersuchen, veränderte das Team das Gen in Froschembryonen und beobachtete anschließend deren Wachstum und Entwicklung. Sie stellten fest, dass sich Zilien auf Zelloberflächen nicht richtig ausbilden konnten, und beobachteten die Entwicklung von Defekten in Herz und Gehirn. Dies deutet darauf hin, dass die anderen 44 identifizierten Gene ebenfalls für die Entwicklung von Gehirn und Herz relevant sein und zu Autismus und angeborenen Herzfehlern beitragen könnten.

Aufbauend auf dieser Arbeit untersucht das Team nun aktiv, inwieweit sich an Zilien beteiligte Gene mit Genen überschneiden, die mit Autismus und angeborenen Herzfehlern assoziiert sind. „Was wir entdeckt haben, ist die Spitze des Eisbergs für die Schnittstelle von Autismus und angeborenen Herzfehlern“, so Willsey. „Unsere Ergebnisse bieten die Möglichkeit, Menschen mit Genen, die mit beiden Erkrankungen assoziiert sind, für eine frühzeitige Überwachung und Intervention zu priorisieren.“

Quellen: EurekAlert! Development, The Company of Biologists

Autor/Autoren: äin-red, bvkj Redaktion

Letzte Aktualisierung: 05.12.2025