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Wenn Essen zur Qual wird

Essstörungen wie Magersucht oder Ess-Brech-Sucht (Bulimie) nehmen seit Jahren beständig zu. So leidet jede dritte Schülerin in Thüringen bereits an Frühformen von Essstörungen. Etwa 1,5% von ihnen erkranken dann tatsächlich an Magersucht, noch mehr an Bulimie. Auch Jungen entwickeln zunehmend diese psychosomatischen Störungen …

Untersuchungen zufolge leide jede dritte Schülerin in Thüringen an Frühformen von Essstörungen. Etwa 1,5% von ihnen erkranken dann tatsächlich an Magersucht. Bei Bulimie liege der Anteil etwas höher, so der Jenaer Psychologe Prof. Dr. Bernhard Strauß. Durch Essstörungen gerate der Hormonhaushalt durcheinander, das Wachstum könne stocken. Vielfach werden Herzrhythmusstörungen und Kreislaufprobleme diagnostiziert. Zu den seelischen Schäden gehörten Selbsthass und Depressionen. Wie bei Kettenrauchern seien sich die meisten der Gefahren ihres Handelns durchaus bewusst, aber gegen logische Argumente völlig immun.

Zunehmend auch junge Männer betroffen
Auffällig ist, dass zunehmend auch Jungen und Männer an diesen psychosomatischen Störungen leiden. Das belegen auch die Aufnahmelisten an der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie am Erfurter Helios-Klinikum. „Auf zehn essgestörte Mädchen, die therapiert werden müssen, kommt heute ein essgestörter Junge“, berichtet Chefarzt Dr. Ekkehart D. Englert.

"Hunger-Sucht" mit hoher Rückfallquote
In der Erfurter Klinik werden im Schnitt fünf bis sechs Jugendliche mit Essstörungen gleichzeitig stationär behandelt. Ebenso viele Patienten durchlaufen eine ambulante Therapie. Auf Grund einer außerordentlich hohen Rückfallquote sei eine Jahre dauernde ambulante Nachbehandlung dringend erforderlich, erklärt Dr. Englert. „Geheilt ist, wer essen kann, ohne darüber nachzudenken.“ Der Weg dahin ist jedoch langwierig und schwierig. Zunächst einmal müssten die Jugendlichen wieder das Essen lernen. Gewichtszunahmen werden belohnt etwa mit Ausgängen in die Stadt oder mit Besuchen. Bis zu 20 Wochen dauert in manchen Fällen diese Phase der Behandlung. Die Eltern werden ebenfalls betreut, denn wie bei Suchtkranken gibt es oftmals dramatische Anrufe der Kinder, sie abzuholen, so Dr. Englert.

Die Jenaer Wissenschaftler um Professor Strauß sind seit vergangenem Jahr an 30 Thüringer Gymnasien mit ihrem Präventionsprogramm PRIMA gegen Magersucht unterwegs. Die Schüler der 6. und 7. Klassen sollen dabei lernen, ihren Körper realistisch einzuschätzen. Derzeit wird ein zweites Präventionsprogramm gegen Bulimie für die 8. und 9. Klassen vorbereitet.

http://www.med.uni-jena.de/mpsy/prima/