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Ritalin: Parkinson-Vorwurf ist unverantwortlich

Das Medikament Ritalin, das zahlreiche der so genannten ADHS-Kinder (Aufmerksamkeits-Defizit-und-Hyperaktivitäts-Syndrom) bekommen, könne möglicherweise im Erwachsenenalter einmal zu Parkinson führen, warnte ein Hirnforscher. Versuche an Ratten hätten entsprechende Hinweise erbracht, schrieb der Göttinger Neurobiologe Prof. Gerald Hüther im Magazin «Spiegel». Doch der Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte warnt eindringlich vor vorschneller Panikmache. Kinderaerzte-im-Netz Redaktion sprach mit Dr. Klaus Skrodzki, dem Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft ADHS der Kinder- und Jugendärzte.

Familien mit hyperaktiven "Zappelphilippen" sind in heller Aufregung. Das Medikament Ritalin, das viele der so genannten ADHS-Kinder (Aufmerksamkeits-Defizit-und-Hyperaktivitäts-Syndrom) bekommen, könne möglicherweise im Erwachsenenalter zu Parkinson führen, warnte ein Hirnforscher. Versuche an Ratten hätten entsprechende Hinweise erbracht, schrieb der Göttinger Neurobiologe Prof. Gerald Hüther im Magazin «Spiegel».
Was an der Warnung dran ist, erklärt der ADHS-Experte des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte, Dr Klaus Skrodzki.
Wie aussagekräftig sind die Rattentests, die Ritalin jetzt ins Gerede gebracht haben?
Dopamin sorgt als Botenstoff in einem bestimmten Hirnbereich für die Informationsübermittlung. Bei ADHS sind die Dopamin-Transporter, die für den Rücktransport sorgen, erhöht, deshalb steht weniger Dopamin zur Verfügung und die Informationsleitung ist schlechter. In einer Studie an jeweils 5 Ratten pro Gruppe wurde nachgewiesen (Moll et al.), dass MPH die Zahl der Dopamin-Transporter senkt, im vorpubertären Alter dauerhaft. Prof. Hüther, der schon Jahre an Rattenhirnen forscht, aber keine Patienten betreut, sieht darin, im Gegensatz zu den Mitautoren dieser Studie, eine mögliche Gefahr. Für seine Warnung vor einer möglichen Parkinson Erkrankung in der behandelten Patientengruppe gibt es weltweit in der Literatur keinen Hinweis – obwohl Methylphenidat seit 1955 in der Therapie verwendet wird. Diese Rattenstudien bieten interessante Anregungen für weitere Ursachenforschung und Überlegungen zur Medikamentenwirkung – mehr Aussage haben sie nicht!

Wie gefährlich ist Ritalin tatsächlich?
Seit mehr als 45 Jahren wird MPH in der Therapie angewandt und es gibt unzählige Studien. Diese zeigen, dass es sich um ein ausgesprochen sicheres, gut steuerbares Medikament mit nur geringen Nebenwirkungen handelt. Langzeitnebenwirkungen sind nicht bekannt. Richtig gebraucht, ist es zuverlässig, gut wirksam und problemarm. Alle Nebenwirkungen sind überschaubar, erkennbar und selten.

Wie sollen Eltern von ADHS-Kindern sich nun verhalten?
In Absprache mit ihrem betreuenden Kinder- und Jugendarzt sollten sie die Therapie – wenn sie wirksam ist - unbedingt unverändert fortsetzen und sich durch Panikmache nicht verunsichern lassen.

Was gibt es für Alternativen zu Ritalin? Keine! Wenn die Störung so ausgeprägt ist, dass Beratung, bewegungs- und konzentrationsfördernde Maßnahmen und Anleitung von Elternhaus und Schule nicht ausreichen, ist eine medikamentöse Therapie notwendig. In der MTA Studie an über 1000 Patienten wurde die Effektivität eindeutig nachgewiesen. Verhaltenstherapie ist bei einem Teil der Patienten sehr hilfreich, leider stehen dafür zu wenige erfahrene Therapeuten zur Verfügung und die medikamentöse Therapie wird dadurch nicht überflüssig! Sie reduziert die Sekundärfolgen wie Unfallgefährdung, Kriminalität und Neigung zu Drogen. Im multimodalen Therapiekonzept haben Stimulanzien einen hohen Stellenwert und sind unverzichtbar.

Ausführliche Informationen zum ADHS in der Rubrik Krankheiten A-Z/Aufmerksamkeits-Defizit-(Hyperaktivitäts)-Syndrom