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Plötzlicher Kindstod: Mögliche seltene genetische Ursache nachgewiesen

Seltene genetische Mutationen, die mit einer Beeinträchtigung der Atemmuskulatur einhergehen, treten häufiger bei Kindern auf, die an einem plötzlichen Kindstod gestorben sind, als bei gesunden Kontrollpersonen. Dies deutet auf einen möglichen genetischen Faktor hin. Dies bestätigt eine britisch-amerikanische Studie, die in der Fachzeitschrift „The Lancet“ veröffentlicht wurde.

Typischerweise werden diese Mutationen entweder nicht in Kontrollen gefunden oder sind sehr selten und finden sich bei weniger als fünf Kindern pro 100.000. Die Studie fand jedoch bei vier der 278 Kinder, die an einem plötzlichen Kindstod verstorben waren, Mutationen dieser Art, verglichen mit keiner Mutation bei 729 gesunden Kontrollkindern.

Die Autoren betonen, dass mehr Forschung nötig ist, um die identifizierte Verbindung zu verstehen und zu klären, ob daraus Schlüsse für eine medikamentöse Behandlung gezogen werden könnten. Sie betonen auch, dass dies nicht die einzige Ursache für den plötzlichen Kindstod ist, und auch andere Elemente eine Rolle spielen.

Plötzlicher Kindstod ist der unerwartete Tod eines scheinbar gesunden Babys. In Ländern mit hohem Einkommen ist der plötzliche Kindstod eines der Hauptursachen für Säuglingssterblichkeit. Diese Todesfälle sind jedoch selten, und das Risiko eines einzelnen Babys ist gering. Betroffen sind in der Regel Kinder zwischen zwei und vier Monaten.

Die Ursache der Störung ist unbekannt, aber Babys, die nicht in der Lage sind, ihre Atmung zu regulieren, haben vermutlich ein besonders hohes Risiko. Davon sind männliche Babys und Frühgeborene häufiger betroffen. Bekannt ist bereits, dass das Risiko vermindert wird, wenn Babys auf dem Rücken und nicht im selben Bett wie ein Elternteil schlafen.

Die Studie untersuchte die Prävalenz von Mutationen im SCN4A-Gen, das für einen wichtigen Zelloberflächenrezeptor (ein Skelettmuskel-Natriumionenkanalprotein) kodiert. Die Expression dieses Zellrezeptors in den Atemmuskeln ist bei der Geburt niedrig und steigt in den ersten zwei Lebensjahren.

Mutationen in diesem Gen sind mit einer Reihe genetisch-neuromuskulären Störungen wie Myotonie (vermehrte Muskelspannung), periodischer Lähmung, Myopathie (Muskelschwäche) und myasthenischem Syndrom (angeborenen Störungen der Signalübertragung zwischen Nerv und Muskel) und mit lebensbedrohlichen Atempausen und Krämpfen der Stimmbänder, die das Atmen oder Sprechen vorübergehend erschweren, verbunden.
Die Studie umfasste zwei Kohorten von Kindern, die in Großbritannien und den USA an plötzlichem Kindstod gestorben waren, insgesamt 278 Kinder (84 aus Großbritannien und 194 aus den USA). Alle Todesfälle waren nach gründlichen Obduktionsuntersuchungen ungeklärt. Diese wurden mit 729 Erwachsenen verglichen, die keine kardiovaskulären, respiratorischen oder neurologischen Erkrankungen hatten.

Gewebe von jeder Gruppe wurde untersucht und ihre Gene wurden analysiert, um zu identifizieren, ob eine Mutation in dem SCN4A-Gen vorlag, und um zu bestätigen, ob die Mutationen den Zelloberflächenrezeptor, für den das Gen kodiert, beeinflussten.

Nicht alle Mutationen im SCN4A-Gen scheinen das Risiko für den plötzlichen Kindstod zu erhöhen

Während die Studie allgemeine Mutationen im SCN4A-Gen bei sechs der 284 verstorbenen Säuglinge und bei neun der 729 Kontrollpatienten fand, wurden Mutationen, die den Zelloberflächenrezeptor stark beeinträchtigten, nur bei vier der Kinder gefunden, die an plötzlichem Kindstod gestorben waren, und bei keinem Teilnehmer aus der Kontrollgruppe.

Die Autoren schlussfolgern, dass die disruptiven Varianten in dieser Gruppe überrepräsentiert sind und auf ein genetisches Element des plötzlichen Kindstods hinweisen könnten.

Die Experten vermuten, dass dies in einigen Fällen die Anfälligkeit für den plötzlichen Kindstod erhöhen kann, wenn der Zelloberflächenrezeptor mehr zum Einsatz kommen sollte. Während dieser Zeit kann die Mutation bei diesen Kindern möglicherweise eine schwächere Atemmuskulatur zur Folge haben, und wenn ein externer Stressfaktor ihre Atmung beeinträchtigt - wie Tabakrauch oder wenn sich das Baby in der Bettdecke verheddert, oder eine leichte Erkrankung -, sind sie möglicherweise weniger als gesunde Babys fähig, ihre Atmung entsprechend anzupassen, zu husten oder nach Luft zu schnappen.
Die Genmutation sind wahrscheinlich nicht die einzige Todesursache, und eine sichere Schlafumgebung für Babys immer noch sehr wichtig ist, um den Plötzlichen Kindstod vorzubeugen, so die Wissenschaftler.

Da SCN4A-Varianten bei einigen Erwachsenen mit neuromuskulären Erkrankungen gefunden werden, ist es außerdem offensichtlich, dass SCN4A-Mutationen nicht immer tödlich sind.

"Unsere Studie ist die erste, die eine genetische Ursache für schwächere Atemmuskeln mit dem plötzlichen Kindstod in Verbindung bringt und legt nahe, dass Gene, die die Funktion der Atemmuskulatur steuern, in diesem Zusammenhang wichtig sein könnten. Weitere Forschung wird jedoch notwendig sein, um diese Verbindung zu verstehen", erklärte der korrespondierende Autor Professor Michael Hanna vom MRC Zentrum für neuromuskuläre Krankheiten in Großbritannien. "Es gibt zwar Medikamente für Kinder und Erwachsene mit genetisch bedingten neuromuskulären Erkrankungen, die durch SCN4A-Genmutationen verursacht werden, aber es ist unklar, ob diese Behandlungen das Risiko eines plötzlichen Kindstodes reduzieren könnten. Weitere Untersuchungen sind unerlässlich, bevor diese Ergebnisse für eine Therapie relevant werden."

Die Autoren weisen auf einige Einschränkungen hin, einschließlich der Tatsache, dass die Studie nur weiße Menschen europäischer Abstammung umfasste und die Ergebnisse in anderen Ethnien bestätigt werden müssen. Da die Informationen von Kindern, die an plötzlichem Kindstod starben, anonymisiert wurden, waren andere klinische Daten nur begrenzt verfügbar und konnten auch keine anderen Familienmitglieder getestet werden.

Quelle: <link https: www.sciencedaily.com releases _blank external-link-new-window external link in new>ScienceDaily, <link https: www.alphagalileo.org en-gb item-display itemid _blank external-link-new-window external link in new>AlphaGalileo, <link http: www.thelancet.com journals lancet article fulltext _blank external-link-new-window external link in new>The Lancet