Antibiotikagabe in der Schwangerschaft oder im Säuglingsalter erhöht nicht das Risiko für Autoimmunerkrankungen bei Kindern

Die Zahl der Autoimmunerkrankungen bei Kindern hat in den letzten Jahrzehnten weltweit zugenommen. Vergangene Untersuchungen legten die Vermutung nahe, dass die Einnahme von Antibiotika während der Schwangerschaft oder im frühen Säuglingsalter die Gesundheit des Kindes langfristig beeinträchtigen könnte – insbesondere im Hinblick auf Autoimmunerkrankungen wie Typ-1-Diabetes oder chronisch-entzündliche Darmerkrankungen. Eine umfangreiche Studie aus Südkorea spricht nun gegen einen Zusammenhang zwischen Autoimmunerkrankungen und einer frühen Antibiotikabehandlung.

Einige vergangene Arbeiten zu diesem Thema hatten angenommen, dass Antibiotika die Immunentwicklung durch eine Störung des Darmmikrobioms verändern könnten. Die Autor*innen der aktuellen Arbeit, die in PLOS Medicine veröffentlicht wurde, erklären: „Unsere Ergebnisse deuten nicht auf einen Zusammenhang zwischen Antibiotikaexposition während der pränatalen Phase [in der Schwangerschaft] oder im frühen Säuglingsalter und der Entwicklung von Autoimmunerkrankungen bei Kindern hin. Diese Beobachtung steht im Widerspruch zu mehreren früheren Studien, die von erhöhten Risiken berichteten, und unterstreicht, wie wichtig es ist, die zugrunde liegenden Indikationen für den Antibiotikaeinsatz und die genetische Anfälligkeit bei der Interpretation solcher Zusammenhänge sorgfältig zu berücksichtigen. Obwohl der potenzielle Nutzen einer Antibiotikabehandlung bei der Behandlung von Infektionen während der Schwangerschaft oder im frühen Säuglingsalter das minimale Risiko von Autoimmunerkrankungen wahrscheinlich überwiegt, unterstreichen unsere Ergebnisse auch die Notwendigkeit eines vorsichtigen und klinisch angemessenen Einsatzes von Antibiotika während dieser kritischen Entwicklungsphasen in bestimmten Untergruppen.“

Forschende der Sungkyunkwan-Universität werteten die Daten von über 4 Millionen Kindern aus, die zwischen 2009 und 2020 geboren wurden. Sie untersuchten, ob Kinder, die bereits im Mutterleib oder in den ersten Lebensmonaten mit Antibiotika in Kontakt kamen, später häufiger an Autoimmunerkrankungen litten. Zu den untersuchten Krankheiten zählten unter anderem:

  • Typ-1-Diabetes
  • juvenile idiopathische Arthritis
  • entzündliche Darmerkrankungen (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa)
  • systemischer Lupus erythematodes
  • Hashimoto-Thyreoiditis

Die Analyse ergab keinen Zusammenhang zwischen früher Antibiotika-Exposition und einem erhöhten Risiko für Autoimmunerkrankungen im Kindesalter. Auch in speziellen Auswertungen, bei denen Geschwister miteinander verglichen wurden, ließ sich kein erhöhtes Risiko feststellen.

Lediglich in einzelnen Untergruppen gab es Hinweise auf minimale Risikoerhöhungen – etwa bei bestimmten Antibiotikaklassen oder wenn Säuglinge in den allerersten Lebenswochen behandelt wurden. Diese Befunde seien jedoch nicht eindeutig und müssten weiter erforscht werden.

Die Autor*innen betonten, dass die Ergebnisse widersprüchliche Erkenntnisse aus früheren Untersuchungen klären. Die große Stichprobengröße und der lange Nachbeobachtungszeitraum (über 7 Jahre) der Studie untermauern die Schlussfolgerungen. Die Wissenschaftler*innen weisen jedoch darauf hin, dass zur Bestätigung der Ergebnisse Subgruppenanalysen und Studien in anderen Populationen erforderlich sind. Denn: „Unsere Ergebnisse schließen zwar ein deutlich erhöhtes Risiko für Autoimmunerkrankungen aus, die Studie war jedoch möglicherweise nicht aussagekräftig genug, um kleine, aber potenziell bedeutsame Zusammenhänge, insbesondere innerhalb bestimmter Untergruppen, zu erkennen.“ Zwei oder mehr Antibiotika-Verordnungen, die Beschränkung der Kohorte auf Einzelgeburten oder gestillte Kinder und der Ausschluss von Kindern, deren Mütter eine Autoimmunerkrankung hatten, stützten die Hauptbefunde; kleine Effekte in Subgruppen können dennoch nicht ausgeschlossen werden.

Frühzeitige Antibiotikagabe ist nach aktuellen Erkenntnissen anscheinend kein relevanter Risikofaktor für die Entwicklung von Autoimmunerkrankungen bei Kindern.

Quellen: Contemporary Pediatrics, PLOS Medicine


 

 

Autor/Autoren: äin-red, bvkj Redaktion

Letzte Aktualisierung: 05.12.2025