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Neugeborenenscreening um zwei Krankheiten erweitert: Sichelzellkrankheit und spinale Muskelatrophie

Bis Ende 2021/Anfang 2022 sollen Kliniken Neugeborene auf zwei weitere seltene Krankheiten untersuchen, um betroffenen Kindern frühzeitig eine Behandlung anbieten zu können und damit eine deutliche Verbesserung des Krankheitsverlaufs zu erreichen: die Sichelzellkrankheit und die spinale Muskelatrophie.

Klinikfachkräfte screenen das Baby damit nach der Geburt insgesamt auf 17 Krankheiten. „Für diese hinzugekommenen Krankheiten ist keine zusätzliche Untersuchung erforderlich, es reicht die Trockenblutkarte, die bisher bereits für andere Vorsorgeuntersuchungen aus dem Fersenblut des Babys gewonnen wird. Eltern erhalten vorab eine Aufklärung und sie werden um ihre Einwilligung gebeten“, erklärt Dr. Herman Josef Kahl, Kinder- und Jugendarzt sowie Mitglied des Expertengremiums vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), den Ablauf.

Bei einer frühzeitigen Diagnose der Sichelzellkrankheit - eine Verformung der roten Blutkörperchen, die zu einer deutlichen Lebenszeitverkürzung führt - kann ein Großteil der Patienten heute geheilt werden. „Die verformten Blutkörperchen verschließen kleine sowie große Blutgefäße und schädigen u.a. dadurch Organe. Die Sichelzellanämie gehört weltweit zur häufigsten Ursache für Schlaganfälle im Kindesalter“, so Dr. Kahl. Sie ist eine Erbkrankheit, die aus Ländern stammt, in denen Malaria verbreitet ist oder war. Deshalb haben Patienten i.d.R. einen Migrationshintergrund. In den letzten zwei Jahrzehnten konnten Experten einen Anstieg der Erkrankungsfälle in Deutschland beobachten. Etwa 100 bis 150 Kinder werden hierzulande jährlich mit einer Sichelzellkrankheit geboren.

Für die spinale Muskelatrophie, eine genetisch bedingte Krankheit, stehen mittlerweile Therapien zur Verfügung. Wie wirksam diese sind, hängt allerdings davon ab, wie früh sie zum Einsatz kommen. Sie können schwere Lähmungserscheinungen verhindern. Jährlich kommen in Deutschland etwa 80 bis 120 Kinder mit dieser Krankheit auf die Welt. Diese Kinder erleben ohne Therapie je nach Schweregrad teils starke Bewegungseinschränkungen. So sind viele nie fähig, aufrecht zu sitzen, die Atemmuskulatur verliert an Kraft, Kinder versterben ohne Behandlung frühzeitig oder überleben nur mit Beatmung. Nur manche Patienten können, wenn eine leichtere Ausprägung vorliegt, zumindest zeitweise gehen.

„Etwa 1.000 Neugeborene jährlich leiden unter einer Erkrankung, die sich kurz nach der Geburt noch nicht bemerkbar macht. Durch eine frühzeitige Erkennung und Behandlung lassen sich in den meisten Fällen Behinderungen und Todesfälle vermeiden“, betont Dr. Kahl.

Quellen: Monatsschr Kinderheikd (<link https: doi.org s00112-021-01213 _blank external-link-new-window external link in new>1, <link https: doi.org s00112-021-01165-1 _blank external-link-new-window external link in new>2, <link https: doi.org s00112-016-0233-5 _blank external-link-new-window external link in new>3), <link https: rsf.uni-greifswald.de storages uni-greifswald fakultaet rsf lehrstuehle ls-flessa cm-ringvorlesung neugeborenenscrenning_fruehediagnoserettetleben_sose_2021.pdf _blank external-link-new-window external link in new>Universitätsmedizin Greifswald
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