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Fischmehlskandal: Behörden suchen nach betroffenen Lieferungen

Das verbotene Antibiotikum Chloramphenicol (CAP) ist in Fischabfällen aus den Niederlanden nach Cuxhaven (Niedersachsen) gelangt. Die zur Vernichtung bestimmten Shrimps sollen bereits im November in einer Recyclingfirma in Volendam unter Fischabfälle gemischt und zu Weiterverarbeitungsfirmen geliefert worden sein, sagte der niedersächsische Landwirtschafts-minister Uwe Bartels (SPD) am Montag in Hannover. Ob die daraus hergestellten Futtermittel schon in Umlauf sind, werde noch geprüft. Chloramphenicol kann bei Menschen zur Störung der Blutbildung führen.

Nach dem jüngsten Futtermittel-skandal um ein verbotenes Antibiotikum in Fischabfällen spüren die Behörden in detektivischer Kleinarbeit verseuchten Lieferungen nach. Nach Niedersachsen tauchte in Baden-Württemberg Fischmehl auf, dass möglicherweise verseucht ist. Bayern ordnete zusätzliche Untersuchungen an. Wegen der schleppenden Sicherheitsmaßnahmen lässt
Verbraucherministerin Renate Künast (Grüne) unterdessen die Informationswege in ihrem Haus untersuchen.

Künast habe getobt, nachdem sie von den Verzögerungen bei der Weitergabe der Warnmeldung in ihrem Ministerium erfahren habe, sagte ihre Sprecherin Sigrun Neuwerth am Dienstag. Das mit dem Antibiotikum Chloramphenicol (CAP) versetzte Fischmehl wird als Futter für Hühner und Schweine verwendet und gelangt so in die menschliche Nahrungskette. Es kann das Immunsystem schädigen. Chloramphenicol wird häufig in der Garnelenzucht gegen Krankheiten sowie als Wachstumsförderer verwendet und in Shrimps-Zuchtbecken gekippt.

Niedersachsens Landwirtschaftsminister Uwe Bartels (SPD) sagte in Berlin: "Wir prüfen alle Lieferungen, die von dem Betrieb in Cuxhaven in dem fraglichen Zeitraum abgegangen sind." In Cuxhaven waren Fischabfälle, die mit dem Antibiotikum versetzt waren, zu Fischmehl verarbeitet worden. Insgesamt sei der Skandal eine "große Sauerei" und führe zu neuem Misstrauen der Verbraucher, sagte Bartels.

Eine Sprecherin der Bezirksregierung Lüneburg sagte, insgesamt seien rund 970 Tonnen des möglicherweise verseuchten Fischmehls im vergangenen Jahr an Futterhersteller ausgeliefert worden. Zumindest in Deutschland sei das Material überwiegend zu Heimtierfutter verarbeitet worden. Zurzeit seien den Behörden zehn Empfänger, darunter sechs deutsche Unternehmen, bekannt. Im Ausland sei das Fischmehl dagegen zu Tierfutter für die Geflügel- und Schweinezucht verarbeitet worden.

Unklar ist den Angaben zufolge immer noch, wie hoch das Fischmehl mit CAP belastet ist. Die rund 27 Tonnen Shrimps, die illegal von einem niederländischen Lieferanten in die Cuxhavener Fischmehlfabrik gebracht wurden, enthielten CAP möglicherweise in Mengen knapp über der Nachweisgrenze von 0,1 Mikrogramm pro Kilogramm, sagte ein Sprecher der Cuxhavener Kreisveterinär-behörde. Ob sich CAP überhaupt noch in dem Fischmehl nachweisen ließe, werde erst Ende der Woche feststehen.

Künast und Bartels kritisierten die Informations-politik niederländischer Behörden. Die Sprecherin des Verbraucherschutzministeriums sagte, ihr Haus sei Ende Dezember auf dem Postweg anstatt mit einem «modernen Kommunikationsmittel» über die verseuchten Shrimps informiert worden.

Das Berliner Verbraucherschutzministerium war am 27. Dezember auf dem Postweg von den niederländischen Behörden informiert worden. Der Brief war allerdings an eine nicht zuständige Stelle adressiert worden. Die Warnmeldung wurde dann erst am 8. Januar weitergeleitet. Bartels kritisierte, sein Ministerium in Hannover sei sehr spät, und zwar am 10. Januar, informiert worden sei. "Das darf nicht passieren. Es erschwert uns die Arbeit enorm. Die Gefahr ist jetzt umso größer, dass das verseuchte Material bereits verarbeitet und verbreitet worden ist."

Die verseuchten Shrimps sollten nach niederländischen Behördenangaben bereits im August 2001 vernichtet werden. Die niederländische Lebensmittelkontrolle habe dies als zuständige Behörde seinerzeit angeordnet, sagte ein Sprecher des Dienstes, der zum Gesundheitsministerium in Den Haag gehört.

Nach Ansicht der Umweltstiftung WWF ist die Verarbeitung verseuchter Shrimps in der Nahrungskette kriminell. Das sei ein Akt "der Sondermüll-Entsorgung über den Verbraucher", sagte in Oldenburg die WWF-Expertin für Umwelt- und Nahrungsgifte, Sabine Otto.