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Eingeschriebene Kinder in Hausarztverträgen kosten die Krankenkassen Millionen

Die Einschreibung von Kindern in Hausarztverträge von Allgemeinärzten kostet die Krankenkassen und damit auch den Beitragszahler mehr Geld, denn Hausärzte erhalten zusätzliche Vergütungen auch für die jüngeren Patienten, die sie selten sehen, weil der Kinder- und Jugendarzt diese Kinder und Jugendlichen mit ihren altersspezifischen Störungsbildern normalerweise behandelt. Das heißt, hier entsteht eine finanzielle Doppelbelastung (bei Kinder-/Jugendarzt und Allgemeinmediziner) ...

Das aktuell gültige Selektivvertragssystem der hausärztlichen Versorgung kann im pädiatrischen Bereich zu einer finanziellen Doppelbelastung (bei Kinder-/Jugendarzt und Allgemeinmediziner) führen und kostet die Krankenkassen derzeit mutmaßlich Millionen extra.
Nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung in Baden-Württemberg (KVBW) wurden bis Anfang 2010 fast 50.000 Kinder und Jugendliche im Hausarztvertrag (HzV) der AOK Baden-Württemberg eingeschrieben. Im HzV der AOK Bayern sind es inzwischen mehr als 200.000 Kinder und Jugendliche. Allgemeinärzte, die an den so genannten „Selektiv-Verträgen“ in Bayern und Baden-Württemberg teilnehmen, erhalten jedes Quartal behandlungsunabhängig zwischen 15 und 25 € pro eingeschriebenem Patienten und erreichen durch Einschreibung der Kinder höhere Umsätze aus ihrer Tätigkeit für Kassenpatienten.


„Seit vielen Jahren werden bundesweit ca. 90% aller Vorsorgen bei Kleinkindern von 0-6 Jahren von niedergelassenen Pädiatern durchgeführt, im Säuglingsalter sogar noch mehr. Daher sind wir die Hausärzte der Kinder und Jugendlichen. Selbst ältere Jugendliche gehen für die neuen Vorsorgeuntersuchungen noch gerne zum Kinder- und Jugendarzt, der hierfür spezielle Frühdiagnose-Konzepte entwickelt hat. Dennoch schreiben Allgemeinärzte auch Kinder und Jugendliche in ihre Hausarztverträge ein. So können Hausärzte zusätzliche Vergütungen auch für die jüngeren Patienten bekommen, die sie gleichwohl trotz Einschreibung in der Praxis selten sehen, weil wir diese Kinder und Jugendlichen mit ihren altersspezifischen Störungsbildern normalerweise behandeln. Die Einschreibung von Kindern in Hausarztverträge von Allgemeinärzten kostet demnach die Krankenkassen und damit auch den Beitragszahler mehr Geld – sie bedeutet ja eine Art finanzielle Doppelbelastung für die Krankenkassen. Um das Krankenkassensystem vor dem finanziellen Kollaps zu bewahren, sollte diese Vertragssystematik im Kindes- und Jugendalter umgehend beendet werden“, fordert Dr. Martin Lang, Landesvorsitzender des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) in Bayern. In den bestehenden Hausarztverträgen sind so genannte „kontaktunabhängige Pauschalen“ vereinbart – d.h., die teilnehmenden Ärzte erhalten für jeden Patienten ein Honorar – unabhängig davon, ob der Patient in die Praxis kommt oder nicht. „Selbstverständlich ist die Teilnahme an diesen Verträgen für die Patienten freiwillig, doch wer würde in der Praxis einer Empfehlung des Arztes nicht nachkommen? Leider hört man immer wieder von Eltern, dass sie diese „Empfehlung“, auch ihre Kinder in den Hausarztvertrag einzuschreiben, als Druck empfunden hätten. Denn tatsächlich werden die Kinder fast ausschließlich beim Kinder- und Jugendarzt behandelt“, erläutert Lang.


Regelversorgung sollte beim Kinder- und Jugendarzt stattfinden
Die Versorgungsrealität von Kindern und Jugendlichen hat sich in den letzten Jahren sehr stark gewandelt. Neben der Versorgung von Behinderungen, Entwicklungsstörungen und Infektionskrankheiten in den Praxen sind die niedergelassenen Kinder- und Jugendärzte zunehmend mit neuen Krankheiten konfrontiert. „Wir sehen leider immer mehr Kinder mit Allergien, Fettsucht (Adipositas), Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom (ADHS), Verhaltens-, Lern- und Sozialisierungsstörungen. Diese Krankheiten müssen möglichst frühzeitig erkannt und fachspezifisch versorgt werden, weshalb die Eltern seit Jahren bei solchen Fragestellungen in aller Regel den dafür qualifizierten Kinder- und Jugendarzt aufsuchen. Unser Verband hat auch neue Vorsorgekonzepte entwickelt, um mögliche Fehlentwicklungen beim Nachwuchs frühzeitig zu erkennen und entsprechend gegensteuern zu können. Hohe Durchimpfungsraten werden seit Jahren in allererster Linie durch den Einsatz der niedergelassenen Kinder- und Jugendärzte realisiert. Gleiches gilt für die Betreuung von chronisch kranken und behinderten Kindern. Der Pädiater ist der Lotse für die Kinder und Jugendlichen in der hausärztlichen Versorgung, das bestätigen junge Familien in entsprechenden Umfragen regelmäßig, und genau deshalb sollte ein Selektivvertragssystem für den Regelfall nicht etwas anderes erlauben. Natürlich gibt es Ausnahmen: Allgemeinärzte können insbesondere bei Akuterkrankungen (wie den alterstypischen Infekten) Kinder mitversorgen. Hier fördert das Zusammenspiel der niedergelassenen Kinder- und Jugendärzte mit den allgemeinärztlichen Kollegen gerade in ländlichen Bereichen eine lückenlose Versorgung vor Ort. Dafür sollen die Hausärzte auch gut honoriert werden. Das jetzige undifferenzierte System aber führt zu einem erheblichen finanziellen Mehraufwand für die betroffenen Krankenkassen mit der Gefahr des baldigen finanziellen Ausblutens. Stattdessen sollten wir gemeinsam mit Politik, Krankenkassen und auch den Hausärzten an einem intelligenten Versorgungssystem für die Altersgruppe 0-18 arbeiten“, appelliert Lang.