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Herausgeber:

Dr. med. Christiane Hilliges, 40667 Meerbusch-Büderich

Lactoseintoleranz

 

Liebe Eltern,

die Milchzuckerunverträglichkeit (Lak- toseintoleranz) ist eine spezielle Form der Nahrungsmittelunverträglichkeit, bei welcher Milchzucker (Laktose) im Darm nicht richtig verdaut werden kann. Sie darf nicht mit der Kuhmilchallergie, der eine Unverträglichkeit von Kuhmilcheiweiß zu Grunde liegt, verwechselt wer- den.

Verdauung der Laktose

Die Laktose ist ein Doppelzucker, der natürlicherweise in der Milch enthalten ist. Sie wird normalerweise im Dünndarm durch das Enzym Laktase in die beiden Einfachzucker Glukose (Traubenzucker) und Galaktose gespalten. Ist zu wenig Laktase vorhanden, gelangt der unge- spaltene Milchzucker in den Dickdarm und wird von den Darmbakterien ver- goren.

Symptome

Dies führt dann zu Blähungen, Völlegefühl, Durchfall und Bauchkrämpfen. Die Beschwerden können denen einer Kuhmilchallergie ähnlich sein (siehe unten).

Formen

Primärer Laktasemangel

Dies ist die bei weitem häufigste Form. Während der Stillzeit ist die Menge an Laktase im Darm am größten. Im wei- teren Leben fällt bei den meisten Menschen die Aktivität der Laktase genetisch vorprogrammiert kontinuierlich ab. In Deutschland vertragen ca. 15–20 Prozentder Erwachsenen den Milchzucker nicht gut, in Asien sind dies 80–100 Prozent.

Sekundärer Laktasemangel

Bei verschiedenen Darmerkrankun- gen, z. B. Magen-Darm-Infektionen durch Viren oder Bakterien sowie chronisch ent-zündlichen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa, wird im akuten Entzündungsstadium nicht genügend Laktase gebildet.

Angeborener Laktasemangel

In ganz seltenen Fällen fehlt bereits dem Neugeborenen das für die Laktaseproduktion verantwortliche Gen vollständig, d. h. es wird überhaupt keine Laktase gebildet.

Diagnose

Die oben geschilderten Symptome nach Genuss von Milch und Milchprodukten liefern die ersten Hinweise für eine Laktoseintoleranz. Beschwerden wie Nesselausschlag, Atemprobleme, Erbre- chen oder Blutdruckabfall weisen hingegen auf eine Kuhmilchallergie hin (siehe Elternratgeber „Kuhmilchallergie“).

Auslass- und Provokationstest

Zunächst kann ganz pragmatisch fol- gendermaßen vorgegangen werden: Für zwei Wochen wird die Laktose aus der Ernährung komplett weggelassen. Verschwinden dabei die Beschwerden und treten bei Wiedereinführen von Laktose wieder auf, ist dies ein deutlicher Hinweis auf eine Laktoseintoleranz.

H2-Atemtest

Dieser Test ist der heutige Goldstandard. Zunächst wird eine vom Körpergewicht abhängige Menge an Milchzucker verabreicht. Wird die Laktose nicht gespalten und gelangt in den Dickdarm, entsteht unter anderem Wasserstoff (H2). Dieser kommt über den Blutkreislauf in die Lunge, wird ausgeatmet und kann in der Ausatemluft gemessen werden.

Blutzuckerverlaufstest

Bei der Laktoseintoleranz steigt nach Milchzuckergabe der Blutzuckerwert nicht oder kaum an.

Genetischer Test

Es ist auch möglich, die Veranlagung für die primäre Laktoseintoleranz zu testen, was allerdings nur in Ausnahmefällen empfohlen wird.

1) Vermeidung von Milchzucker

Die Therapie besteht in erster Linie aus der Vermeidung von Milchzucker. Wie viel Laktose individuell vertragen wird, variiert in weiten Grenzen und ist auch von weiteren Ernährungsfaktoren abhän- gig. Deshalb sollte immer die individuell vertragene Laktosemenge (Schwellenwert) ausgetestet werden. Hierbei werden Ihnen auf diesem Gebiet erfahrene Ernährungsexperten helfen!

Es empfiehlt sich ein dreistufiges Vorgehen:

Keiner der genannten Tests kann allerdings genau voraussagen, wie viel Laktose ein Betroffener tatsächlich verträgt. Dies muss individuell ausgetestet werden (siehe unten).

Therapie

Elternratgeber

Karenzphase: geeignet

Testphase: Verträglichkeit austesten

Meist dauerhaft ungeeignet

„laktosefreie“ Milch und Milch- produkte

Naturjoghurt, Kefir, probiotischer Joghurt ohne weitere Zusätze

Nicht laktosefreie Milch, Molke, Kondensmilch, Quark, Sahne, Buttermilch, Schmand – unabhängig von der Tierart

normale Butter

natürlich laktosearme Käse- sorten wie z.B. Emmentaler, Parmesan, Sauermilchkäse, Edamer, Gouda, Hartkäse aus Schafs- oder Ziegenmilch

weiche Käsesorten in kleinen Mengen, wie Doppelrahmfrischkäse, Camembert, Mozzarella

Milchbrötchen, Brezeln oder Knäckebrot mit Milch

Drinks oder Joghurts aus Soja, Reis, Mandeln, Hafer, Dinkel (mit Kalzium bevorzugen!)

 

Einige Beispiele aus dem Sorti- ment der Fertigprodukte (Zutaten- liste beachten!): Milchschokolade, Käsekuchen, Waffeln, Stollen, Butterkeks, Paniermehl, Backerb- sen, gefüllte Nudelspezialitäten wie Ravioli, Tortellini (mit Milch), Knusper- und Schokomüsli ...

Lebensmittelkennzeichnungs­ verordnung

Laut Lebensmittelkennzeichnungsverord- nung (vom 25.11.2005, Ergänzung 2008) müssen die Zutaten Milch und Milcher- zeugnisse (einschließlich Laktose) bei verpackten Nahrungsmitteln in der Zutatenliste aufgeführt sein.

Für lose Ware und in Restaurants gilt ab Ende 2014 ebenfalls eine verpflichtende Deklaration. Fragen Sie nach, wenn Sie Backwaren, Wurst etc. unverpackt (ohne Zutatenliste) kaufen oder Außer-Haus- Verzehr nutzen, ob Laktose bzw. Milch oder

Milchbestandteile enthalten sind.

Handelt es sich nicht um eine Zutat, sondern um eine mögliche Konta- mination mit Milchbestandteilen beim Herstellungsprozess, was aus der Angabe „kann Spuren von Laktose/Milch enthalten“ ersichtlich wird, sind solche Produkte bei der Laktoseintoleranz trotzdem geeignet.

Welche Milchprodukte sind geeignet oder ungeeignet?

2) Laktase-Enzympräparate

Die Einnahme von Laktase-Enzympräparaten ist nur zu besonderen Anlässen und frühestens nach Ermittlung der indi- viduellen Toleranzgrenze zu empfehlen. Die Enzyme sollten immer während des Verzehrs des entsprechenden Nahrungs- mittels eingenommen werden – bitte besprechen Sie dies aber mit bei einer Ernährungsberatung und beachten Sie die Produkthinweise.

Dr. med. Peter J. Fischer
Kinder- und Jugendarzt, Allergologie ∙ Kinderpneumologie ∙ Umweltmedizin Mühlbergle 11
73525 Schwäbisch Gmünd

Petra Funk-Wentzel
Diplom Oecotrophologin, Praxis für Er- nährungsberatung und -therapie Lenzhalde 96, 70192 Stuttgart

Kasten 1

  • Streng laktosearme Karenzphase für zwei Wochen (werden die Beschwerden besser?)

  • Testphase ab Woche drei (wieviel Lak-tose wird vertragen?)

  • Dauerernährung (die vertragene Laktosemenge kann dann verzehrt werden).
    Zur Auswahl der Milchprodukte siehe

    Kasten 1.

    Geeignete Produkte

    Milchen aller Tierarten enthalten Lak- tose: Kuhmilch ca. 5 %, Schafs- und Zie- genmilch ca. 4 %, Stutenmilch ca. 6 %. Eine laktosearme Ernährung bedeutet vor allem, dass bei Milch, Molke, Butter- milch, Quark und Sahne als „laktosefrei“ gekennzeichnete Spezialprodukte ver- wendet werden.

    Laktosefreie Spezialprodukte enthalten weniger als 0,1 g Laktose pro 100 g Nahrungsmittel und sind mit dem Begriff „laktosefrei“ gekennzeichnet. Alle Nähr- stoffe bleiben erhalten, der Milchzucker ist nur in der Molkerei durch den Zusatz von Laktase bereits aufgespalten. Alle rein pflanzlichen Milchersatzdrinks sind ebenfalls laktosefrei, so können Soja-, Reis-, Mandel-, Hafer- und Dinkeldrinks verwendet werden. Diese sollten immer mit Kalzium angereichert sein und liefern in der Regel nicht die gleichen Nährstoffe wie eine„laktosefreie“ Milch!

Es gibt aber durchaus auch natürlich laktosearme Milchprodukte, z. B. Hartkä-sesorten: Emmentaler, Parmesan, Sauer- milchkäse, Edamer, Gouda sowie normale Butter – hier sind keine Spezialprodukte notwendig!

Ungeeignete Produkte

Alle Produkte, die mit Milch, Milchpulver (extrem laktosereich!) oder Milchzucker hergestellt wurden, sind ungeeignet. Dies ist immer aus der Zutatenliste erkennbar und kann Brühen, Suppen, Süß- speisen, Backwaren, Fleischsaucen, Wurst und viele Fertiggerichte betreffen! (siehe Kasten 2).

Besteht die Laktoseintoleranz bereits im Säuglingsalter, so muss auch laktosehaltige Säuglingsnahrung, in sehr sel-tenen Fällen auch die Muttermilch, ersetzt werden.

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