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Herausgeber:

Kinderarztpraxis Kreuztal - Dr. med. Simon Danckworth

Schreiende Säuglinge - Unruhezustände - Dreimonatskoliken
Dreimonatskoliken - Schreikinder

Ursachen:

Jeder kleine Säugling schreit gelegentlich. Wenn Babys schreien, ohne hungrig, überhitzt oder krank zu sein, wird dies als Dreimonatskolik bezeichnet. Bei etwa 20-30% der jungen Säuglinge kommt so etwas vor. Obwohl niemand die Ursachen genau kennt, scheinen sensible Kinder hierfür empfänglicher zu sein. Die "Koliken" werden nicht durch Fehler im Umgang mit dem Baby hervorgerufen; machen Sie sich also keine Vorwürfe. Die Schreiattacken haben meist nichts mit Gasbildung im Darm oder Bauchschmerzen zu tun, auch wenn die Beobachtung des Verhaltens der Kinder daran denken lässt. Die Härte des Bauches erklärt sich dadurch, dass die Kinder zum Schreien ihre Bauchmuskulatur anspannen müssen. Das Anziehen der Beine gehört ebenfalls zu den normalen Reaktionen beim Schreien.
Nur bei wenigen Kindern werden Koliken durch Milcheiweißüberempfindlichkeiten bedingt. Echte Milcheiweißallergien sind äußerst selten und eigentlich immer mit Erbrechen und Durchfall verbunden. Eine Umstellung der Ernährung auf eine kuhmilchfreie Kost hatte in Studien nur bei einem kleinen Prozentsatz der Patienten einen Effekt. Bei gestillten Kindern gelingt dies durch eine Diät der Mutter, sonst durch spezielle Nahrungen (Hydrolysatmilch) ohne intaktes Protein. Lassen Sie sich in diesem Punkt von uns beraten und beginnen Sie nicht eigenständig eine Diät.
Umstritten ist die Bedeutung des KISS-Syndroms (Kopfgelenkinduzierte Symmetriestörung). Vermutet werden Schmerzen aus dem Bereich der Halswirbelsäule durch Verschiebungen unter der Geburt. Einige Ärzte wenden manualtherapeutische Verfahren an. Auch wenn dies bei einigen Kindern verblüffende Erfolge gezeigt hat, steht der wissenschaftliche Beweis dieser Theorie aus.

Zu erwartender Verlauf

Das Schreien bessert sich typischerweise ab der 6. bis 8. Lebenswoche und verschwindet mit dem 4. Monat fast ganz. Auch wenn durch Behandlung das Schreien nie komplett verhindert werden kann, vermindert sich die Zeitdauer des Schreiens durch die unten angeführten Maßnahmen. Kinder mit Dreimonatskoliken sind später meist sensibel und sehr aufmerksam für ihre Umgebung.

Achtung!

Schütteln sie nie Ihr Baby, wenn Sie das Schreien nicht mehr ertragen können. Schütteln kann zu schwersten, lebenslangen Behinderungen durch Hirnblutungen führen!! Wenn Sie das Gefühl haben, die Kontrolle zu verlieren, verlassen Sie lieber für 5 Minuten das Zimmer, besinnen Sie sich und bedenken die lebenslangen Folgen einer Affekthandlung.

Empfohlene Maßnahmen:

1. Schmusen Sie mit Ihrem Kind oder schaukeln es, sobald es schreit. Eine ruhige, langsame Bewegung ist wichtig. Sie können Ihren Säugling in den ersten 3 bis 4 Monaten nicht verwöhnen. Folgende Möglichkeiten bieten sich an:
> Schmusen mit dem Kind im Schaukelstuhl
> Schaukeln des Kindes in einer Wiege
> Tragen des Kindes in einem Tragetuch.
> Ein Spaziergang mit dem Kinderwagen (dies hat den zusätzlichen Vorteil, dass das Kind nicht direkt in Ihr Ohr schreien kann, was Sie wahrscheinlich allein wegen der Lautstärke stresst. Dies können die Kinder spüren.)
> Alles, was Sie aus Ihrem Gefühl heraus als hilfreich erachten: Ein Beruhigungssauger, ein warmes Bad, eine Bauch-Massage, eine Spieluhr...

2. Versuchen Sie, Ihr Kind an einen normalen Tag-Nacht-Rhythmus zu gewöhnen. Falls Ihr Kind tagsüber länger als 3 Stunden ununterbrochen schläft, wecken Sie es sanft auf. So werden die längsten Schlafphasen (über 5 Std.) auf die Nacht verschoben. Tragen Sie Ihr Kind tagsüber ausgiebig, während es nicht schreit, um sein Bedürfnis nach Reizen zu befriedigen.
Andererseits benötigt Ihr Kind nicht jedes Mal beim Einschlafen engen Kontakt zu Ihnen. Wenn Ihr Kind müde ist, aber nicht schreit, sollten Sie es auch ohne zu schaukeln in sein Bett legen. So lernt es, selbst in den Schlaf zu finden.

3. Folgende Fütterungsstrategien sind oft hilfreich: Geben Sie ihrem Kind nicht bei jedem Schreien gleich zu trinken. Bei kleinen Säuglingen benötigt der Magen etwa 2 Std. bis zur Entleerung. Häufigere Fütterungen können Bauchschmerzen durch Überfüllung verursachen (Ausnahme Muttermilchernährung in den ersten 3 Wochen bis zur Bildung einer ausreichenden Milchproduktion). Kinder. die tagsüber sehr häufig gefüttert werden, gewöhnen sich diesen Essrhythmus auch für die Nacht an. Stillende Mütter sollten auf Kaffee, Tee und Cola verzichten. Je nach Körpergewicht benötigt eine Säugling in den ersten drei Lebensmonaten 5 bis 7 Mahlzeiten innerhalb von 24 Stunden. Die Trinkmenge beträgt 1/5 bis 1/6 des Körpergewichts in 24 Stunden. Zusätzliche Teegaben sind in den meisten Fällen nicht erforderlich. Wenn Sie im Ausnahmefall in den ersten Wochen schon Flaschennahrung füttern (Pre-Nahrung, Anfangsnahrung, bei allergiegefährdeten Säuglingen HA-Nahrung) können Sie das Milchpulver statt in Wasser auch in Tee (Mischung aus Fenchel-/Kümmel-/Melissentee) geben.
Schaumbildung möglichst vermeiden.

4. Ruhen Sie sich aus und kümmern Sie sich um sich. Verausgaben sie sich nicht. Versuchen Sie, tagsüber mindestens einmal zu schlafen. Bitten Sie Ihren Mann bzw. Partner oder Verwandte und Freunde um Hilfe, auch für die älteren Kinder. Nehmen Sie sich, wenn für die Kinder gesorgt ist, Zeit für sich, um den Kopf frei zu bekommen. Sprechen Sie mit anderen über Ihre widersprüchlichen Gefühle. Anhaltendes Schreien kann jeden auf Dauer zur Verzweiflung treiben und Kurzschlusshandlungen zur Folge haben.

5. Vermeiden Sie folgende häufige Fehler: Falls Sie stillen, beenden Sie dies auf keinen Fall. Ändern Sie die Nahrung eines flaschenmilchernährten Kindes nicht ohne Rücksprache mit unserer Praxis.

Beruhigungsmedikamente (z.B. Blähungstropfen, sog. Entschäumer usw.) haben keinerlei Nutzen und sollten vermieden werden. Setzen Sie die Vitamin D-Tabletten nicht eigenmächtig ab. Manipulationen am Darmausgang mit dem Thermometer können evtl. zu Verletzungen führen und sollte vermieden werden. In der Arztpraxis kann es schon einmal nötig sein, den Darmausgang mit dem Finger etwas zu weiten. Bei Verstopfung von mehr als 48 Stunden (Ausnahme: gestillte Kinder ohne aufgetriebenen Bauch und ohne Erbrechen) sollten Sie in die Praxis kommen.


Nehmen Sie sofort Kontakt mit meiner Praxis oder der Kinderklinik auf, falls

> Ihnen das Schreien - anders als sonst und noch mehr schmerzbedingt erscheint,
> das Schreien über mehr als 3 Stunden andauert,
> es Ihnen nicht gelingt, Ihr Kind zu beruhigen, auch nicht beim Autofahren,
> Sie Angst haben, Sie könnten Ihrem Kind etwas antun oder es schütteln,
> Sie Ihr Kind geschüttelt haben,
> das Kind anhaltend erbricht,
> Sie eine Vorwölbung in der Leistenregion sehen oder tasten,
> das Kind > 38,5° fiebert.

Stellen Sie Ihr Kind zu normalen Sprechzeiten in meiner Praxis vor, wenn

> Ihr Kind mehr als dreimal pro Tag anhaltend schreit wie bei "Koliken",
> das Schreien nach dem 3. Monat keine Besserungstendenz zeigt,
> gleichzeitig Durchfall und Erbrechen auftritt,
> Ihr Kind nicht an Gewicht zunimmt,
> Sie von all dem Schreien ausgelaugt sind,
> Sie andere Fragen oder Sorgen haben.

(modifiziert nach einer Vorlage von Barton D. Schmitt und Dr. Martin Claßen, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Bremen)

 

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