Gemeinschaftspraxis Dr. med. H. Weinzheimer & Dr. med. A. Reinfeld
56626 Andernach
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Liebe Eltern. Andernach, den 08.11.2025
die ständige Impfkommission STIKO hat vor wenigen Tagen eine Änderung der Impfleitlinie herausgegeben. Nach der Genehmigung vom Bundesausschuss für Gesundheit sind alle gesetzlichen Krankenkassen verpflichtet die Impfkosten (Impfstoff und Impfleistung) zu übernehmen. Dies kann jedoch insgesamt noch einige Monate dauern. Entsprechende Informationen diesbezüglich werden wir auf unserer Homepage bekanntgeben.
Der ausführliche Text und die Begründung können im Epidemologischen Bulletin 44/ 2025, 30.10 2025 nachgelesen werden. Die Zusammenfassung ist unten angehängt
(weitere Informationen für medizinische Laien finden sich ebenfalls beim RKI/Stiko).
Änderung A: Die Meningokokken Typ C Impfung ab 1 Jahr soll nicht mehr durchgeführt werden. Die Fälle an erkrankten Kindern pro Jahr haben sich bei diesem Subtyp von Meningokokkenstämmen deutlich reduziert (nur noch 5- Fälle pro Jahr). Auch die Anzahl der erkrankten Kinder an Typ C ohne Impfung ist deutlich gefallen (Anmerkung von uns: Die Impfquoten Men. C sind nicht veröffentlicht). Fazit: Die Impfung schützt
nur in sehr wenigen Fällen, ob und wie die Zahl wieder ansteigt nach Aussetzung der
Impfung gegen Men. C ist unklar. Dies wird von der Stiko streng überwacht.
Änderung B: Es gibt eine Zunahme von Meningokokkenfällen insbesondere in den Subtypen Y ab dem Jugendlichenalter (ab15 Jahre). Deshalb sollen alle Jugendlichen
ab 12 bis 14 Jahre (auch später bis 25 Jahre) einmalig gegen Typ W,Y,A,C mit einem der drei seit Jahren zugelassenen Impfstoffe geimpft werden. Schutztiter sind je nach Impfstoff bereits über 10 Jahre belegt. Der Impfstoff ist sehr sicher. Kein Hinweis auf Impfkomplikationen.
Als Kinderarztpraxis (nach ausführlicher Auseinandersetzung mit den Begründungen der Stiko) können wir medizinisch die Argumentation sehr gut verstehen. Bei der aktuellen Situation an Meningokokkenerkrankungen (häufigste Typ B) schützt eine Impfung nur gegen Men. C im Alter von einem Jahr sehr wenige Kinder. Typ YWA kommt in den ersten 10 Jahren fast nicht vor, dann steigen die Zahlen an, deutlich ab 15 Jahren.
Sobald also die Freigabe der Übernahme der Impfstoffkosten/Impfleistungen durch die Kassen erfolgt werden wir die Impfung für alle Jugendlichen ab 12 Jahren anraten und durchführen. Eltern von Kindern ab einem Jahr können im Rahmen der U6 individuell beraten werden
Zusammenfassung und Fazit der ständigen Impfkommission (schwierig für Laien)
IME (Invasive Meningokokken-Erkrankung) werden in Deutschland primär durch 4 verschiedene Serogruppen (B, C, W, Y) verursacht. In Deutschland sind gegen die Serogruppen B und C monovalente Impfstoffe zugelassen sowie quadrivalente Impfstoffe gegen MenACWY. Die STIKO hat im letzten Jahr ihre Empfehlung zur Impfung gegen die Serogruppe B angepasst und nun die quadrivalente MenACWYImpfung evaluiert.5
Die IMEInzidenz zeigt in Deutschland einen altersabhängigen Verlauf und unterscheidet sich zwischen den Serogruppen. Die Serogruppen B und Y sind inzwischen am weitesten verbreitet, wobei in jüngeren Altersgruppen (< 25 Jahre) IME der Serogruppe B am häufigsten vorkommen und in älteren Altersgruppen (≥ 70 Jahre) IME der Serogruppen Y. In den jüngeren Lebensjahren zeigt sich ein zweigipfliger Inzidenzverlauf. An ACWYIME erkrankten
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in den letzten 10 Jahren (2015 – 2024) im Mittel jährlich etwa 0,65 pro 100.000 < 1Jährige, das sind durchschnittlich 5 Fälle pro Jahr. Die Inzidenz bei Jugendlichen im Alter von 15 bis 19 Jahren liegt bei 0,27 Fällen pro 100.000 (durchschnittlich 11 Fälle pro Jahr), bei jungen Erwachsenen im Alter von 20 bis 24 Jahren bei 0,15 Fällen pro 100.000 (durch schnittlich 7 Fälle pro Jahr) und bei Kleinkindern im Alter von 1 bis 4 Jahren (derzeitige Zielpopulation der MenCImpfempfehlung) bei 0,10 Fällen pro 100.000 (durchschnittlich 3 Fälle pro Jahr). Die mittlere jährliche Inzidenz der ACWYIME lag im gleichen Zeitraum bei 5 bis 14Jährigen bei <0,05 Fällen pro 100.000. Im Erwachsenenalter sind IME vergleichsweise selten, bevor die Inzidenz ab einem Alter von 70 Jahren wieder zunimmt. Während der COVID19Pandemie von 2020 bis 2022 war ein allgemeiner Rückgang der Fallzahlen zu beobachten. Nach Einstellung der kontaktbeschränkenden Maßnahmen im Herbst 2022 erreichten die Fallzahlen wieder ein präpandemisches Niveau, jedoch mit einer Verschiebung der Serogruppen und einem prozentualen Anstieg der Sero gruppe Y in allen Altersgruppen. Altersübergreifend nahm in den letzten 10 Jahren die Inzidenz der Serogruppe C kontinuierlich ab (2015: 0,05 pro 100.000, 2024: 0,01 pro 100.000). Der Rückgang wurde neben der Zielgruppe der Impfung (1Jährige mit möglicher Nachholimpfung bis zum Alter von 18 Jahren) ebenfalls bei jüngeren, ungeimpften Säuglingen beobachtet (2015: 0,67 pro 100.000, 2024: 0 pro 100.000), woraus zu schließen ist, dass neben der Impfung weitere Faktoren diesen Rückgang bedingen. Hingegen breitete sich die Sero gruppe Y in allen Altersgruppen aus (2015: 0,02 pro 100.000, 2024: 0,14 pro 100.000). Die Verschiebung bei den Serogruppen war Anlass zur Überarbeitung der Impfempfehlungen. Eine ACWYIME ist sehr selten, kann aber fulminant verlaufen und hat eine Letalität von ca. 10 bis 13 %. Überlebende leiden häufig an Langzeitfolgen (z. B. Hydrozephalus, Epilepsie, chronisches Nieren versagen, Amputationen, Hörverlust und psychische Störungen) und einer verminderten Lebensqualität. Eine Impfung mit einem quadrivalenten Konjugatimpfstoff gegen MenACWY zeigte in populationsbasierten Beobachtungsstudien eine hohe Wirksamkeit in der Verhinderung von ACWYIME. Ein Effekt auf das Trägertum konnte vorrangig bei Jugendlichen/jungen Erwachsenen gezeigt werden. Nach Einschätzung der STIKO bietet eine MenACWY Impfung einen guten individuellen Schutz. Basierend auf einer mathematischen Modellierung zeigte sich, dass im Kleinkindalter der Wechsel auf eine MenACWYImpfung die aktuelle Empfehlung einer MenCImpfung im Hinblick auf Effektivität und Effizienz übertrifft. Eine Kombination von Men ACWYPrimärimpfung im Kleinkindalter mit einer Auffrischungsimpfung unter Jugendlichen reduziert die erwartete Gesamtkrankheitslast am stärksten. Durch die gezielte Impfung von Jugendlichen können Populationseffekte erzielt und somit andere Altersgruppen indirekt vor ACWYIME geschützt werden. Daher ist der größte indirekte Effekt auf die Reduzierung von ACWYIME in Deutschland voraussichtlich durch eine Impfung von Jugendlichen zu erreichen. Die Einführung einer MenACWY Primärimpfung im Jugendalter stellt sich, basierend auf den Modellierungsergebnissen, somit als effizienteste Strategie dar. Dagegen sind die indirekten Schutzwirkungen für die aktuelle Impfempfehlung bei Kleinkindern im Alter von 12 Monaten nur sehr gering ausgeprägt und auf den Schutz vor IME durch MenCInfektionen beschränkt, deren Inzidenz aktuell auf einem sehr niedrigen Niveau liegt. In der EU sind die Impfstoffe Nimenrix (ab einem Alter von 6 Wochen), MenQuadfi (ab einem Alter von 12 Monaten) und Menveo (ab einem Alter von 2 Jahren) zur Prävention von ACWYIME zugelassen. Die Impfstoffe sind gut verträglich. Relevante Sicherheitssignale sind in nationalen und internationalen PostMarketingAnalysen nicht beobachtet worden. |
Praxisteam Dr. Weinzheimer, Dr. Reinfeld und Kolleginnen.