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Keine Entwarnung bei Masern in Bayern

Seit Oktober sind in Bayern mehr als 75 Masernfälle gemeldet worden. Die Infektionen häufen sich vor allem im Landkreis und der Stadt München sowie im Landkreis Bad Tölz. Laut dem Gesundheitsamt München kommen täglich neue Fälle hinzu und ist mit weiteren Erkrankungen zu rechnen. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich die Zahl der Masernfälle in Bayern fast verdreifacht...

Die Zahl der Masernerkrankungen in Bayern steigt weiter an. Seit Oktober sind inzwischen mehr als 75 Fälle der gefährlichen Infektionskrankheit gemeldet worden. Die Infektionen häufen sich vor allem im Landkreis und der Stadt München (Landkreis 12 Fälle, Stadt 24 Fälle) sowie der Landkreis Bad Tölz (24 Fälle). „Leider kommen fast täglich neue Fälle dazu. In der Stadt München sind auch Gemeinschaftseinrichtungen betroffen. Es ist nicht absehbar, wie viele ungeschützte Menschen sich inzwischen angesteckt haben. Wir rechnen mit weiteren Erkrankungen“, warnt Dr. Ingo Bachem vom Gesundheitsamt in München. Insgesamt hat sich die Zahl der Masernfälle 2007 in Bayern mit fast 200 gemeldeten Erkrankungen im Vergleich zum Vorjahr nahezu verdreifacht. „Bayern gehört bundesweit zu den Bundesländern mit den schlechtesten Durchimpfungsraten gegen Masern. Daher kommt es immer wieder zu Ausbrüchen. Um das von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gesetzte Ziel - die Elimination der Masern bis zum Jahr 2010 - zu erreichen, müssen große Anstrengungen unternommen werden. Ich kann mir kaum vorstellen, dass es uns gelingt, die großen Impflücken bei den Jugendlichen innerhalb der nächsten 2 Jahre zu schließen. Deshalb fordern wir unbedingt einen vollständigen Impfschutz bei den Kleinsten - und zwar bevor diese in eine Gemeinschaftseinrichtung kommen“ erläutert Dr. Ursel Lindlbauer-Eisenach, Kinder- und Jugendärztin aus München und Mitglied der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut (RKI) in Berlin. Um Masern auszurotten, sind Impfquoten von mehr als 95% für die beiden von der STIKO empfohlenen Impfungen gegen Masern notwendig. Nach Angaben der Gesundheitsämter liegen die Durchimpfungsraten für die zweite Impfung gegen Masern in manchen Landkreisen in Bayern bei unter 40%.

Bei erkrankten Säuglingen drohen tödliche Spätfolgen
Unter den aktuell Erkrankten befinden sich hauptsächlich ungeschützte Kinder, Jugendliche und junge Erwachsenen. Nach Angabe der Behörden sind aber leider auch Säuglinge von der Masernwelle betroffen. Die Kinder – und Jugendärzte warnen deshalb dringend vor Ansteckungen bei Säuglingen, denn diese habe ein hohes Risiko an einer tödlichen Spätfolge der Masern zu erkranken. „Wir wissen, dass bei Säuglingen, die sich mit dem Masernvirus infizieren, die Wahrscheinlichkeit deutlich erhöht ist, im späteren Leben an einer chronischen Maserngehirnentzündung – der so genannten subakuten, sklerosierenden Panenzephalitis – kurz SSPE – zu erkranken. Bei den betroffenen Kindern zerstören die Masernviren nach und nach das Gehirn. Ein furchtbares Krankheitsbild, das leider immer tödlich verläuft. Es gibt bisher keine Therapie. Wir raten daher allen Müttern, Angehörigen und Kontaktpersonen von Säuglingen unbedingt zur Überprüfung des Impfschutzes gegen Masern“, mahnt Lindlbauer-Eisenach. Neue Untersuchungen zeigen, dass 1 von 5.000 infizierten Säuglingen an einer SSPE erkrankt. Da SSPE-Fälle nur selten gemeldet werden und damit nicht ausgewertet werden, könnte das tatsächliche Risiko noch viel höher liegen. In Deutschland leiden nach Erkenntnissen des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) mindestens 14 Kinder seit 2003 unter der fortschreitenden SSPE,– die meisten davon steckten sich im Säuglingsalter mit Masern an. Da die Impfung gegen Masern, Mumps, Röteln und Windpocken erst ab dem 11ten Lebensmonat empfohlen ist, können Kinder im ersten Lebensjahr noch nicht gegen Masern geimpft werden. „Diese Kinder sind auf den Schutz der Gemeinschaft angewiesen – Gleiches gilt für Kinder, die aufgrund eines Immundefektes oder einer Krebserkrankung nicht geimpft werden können. Daran sieht man, dass es keine „individuelle“ Impfentscheidung geben kann“, kritisiert Lindlbauer-Eisenach eines der häufig vorgebrachten Argumente von Impfkritikern.