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Jugendliche: Vitamin-D-Mangel

Vitamin D ist wichtig für den Aufbau und die Erhaltung stabiler Knochen. Ein Vitamin-D-Mangel kann zu einer Knochenerweichung (Rachitis) mit schwerwiegenden Folgen führen. Zur Rachitisprophylaxe erhalten Kinder im ersten Lebensjahr daher in Deutschland ein Vitamin-D-Präparat.

Inzwischen weiß man jedoch, dass das Vitamin D darüber hinaus vielfältige Funktionen im gesamten Organismus hat. Hierzu gehören beispielsweise die Stärkung des Immunsystems vor Infektions- und Autoimmunerkrankungen sowie ein positiver Einfluss auf das Herz-Kreislaufsystem. Vitamin D wird zu 80 bis 90% durch die Aufnahme von UV-B-Strahlung über die Haut gebildet. Der Rest muss über die Nahrung geliefert werden.

Umso alarmierender sind die Zahlen, die eine US-amerikanische Studie hervorgebracht hat: 70% der untersuchten Kinder im Alter von 1 bis 21 Jahren litten unter einem zum Teil erheblichen Mangel an Vitamin D. Daraus können nicht nur eine Verformung des Skeletts, sondern auch hoher Blutdruck sowie Herzerkrankungen resultieren. Besonders betroffen waren weibliche Teenager und Kinder, die mehr als vier Stunden pro Tag vor dem Fernseher saßen.

Eine zwischen 2003 und 2006 vom Bundesgesundheitsministerium in Auftrag gegebene Untersuchung von in Deutschland lebenden Kindern bis zum 17. Lebensjahr ergab, dass ein Großteil der Jungen und Mädchen mit Migrationshintergrund eine Vitamin-D-Konzentration im Blut unterhalb der als Normwert angesehenen 75nmol/l (30 ng/ml) aufwiesen. Besonders gefährdet waren heranwachsende Mädchen aus Afrika, der Türkei, dem Nahen und mittleren Osten, Indien, Pakistan und Sri Lanka.

Dieses Ergebnis lässt sich durch eine ganze Reihe von Faktoren erklären:

  • Nicht nur das Fernsehen, sondern vor allem das Sitzen vor dem Computer gehört heute zum festen Freizeitbestandteil der Jugendlichen. Der Aufenthalt im Freien kommt zu kurz.
  • Nur etwa 60% der deutschen Jugendlichen treiben regelmäßig mehrmals pro Woche Sport. Dabei liegen Risikosportarten, die das Tragen von Helmen, Gelenkschonern oder Schutzanzügen erfordern, im Trend. Die Folge: Selbst beim Sport im Freien ist die Haut vollständig bedeckt.
  • Aufgrund des Hautkrebsrisikos wird Sonnenbaden seit Jahren nur zurückhaltend empfohlen.
  • Sonnenschutzpräparate mit einem Sonnenschutzfaktor 15 reduzieren die Produktion von Vitamin D um 99%. Selbst kosmetische Tagescremes enthalten häufig bereits Sonnenschutzmittel.
  • Viele Kinder und Jugendliche ernähren sich ungesund. Weder die Vitamin-D-reichen Nahrungsmittel wie Milch oder Fisch noch kalziumreiche Produkte, die im Zusammenspiel mit dem Vitamin D für den Knochenstoffwechsel unerlässlich sind, werden ausreichend konsumiert. So essen nur 3% der Jugendlichen die empfohlenen fünf Portionen Obst und Gemüse pro Tag.
  • Menschen mit dunkler Hautfarbe, die in unseren Breitengraden mit mäßiger Sonneneinstrahlung leben, haben ein erhöhtes Risiko für einen Vitamin-D-Mangel. Ihre Hautpigmentierung verringert die körpereigene Vitamin-D-Produktion, was insbesondere in den Wintermonaten problematisch werden kann.
  • Einige Kulturkreise schreiben insbesondere den heranwachsende Mädchen und Frauen außerhalb des Hauses vollständig körperbedeckende Kleidung vor. Spezielle Freizeitkleidung für zahlreiche sportliche Aktivitäten tragen ebenso dazu bei.

Bei ausreichender Sonnenexposition reicht eine tägliche Zufuhr über die Nahrung von 5 µg (Mikrogramm, 0,005mg, 200IE), um den gesamten Tagesbedarf an Vitamin D von etwa 4.000 IE zu decken. Ohne genügende UV-Bestrahlung müssen je nach Körpergewicht etwa 1.000 bis 2.000 IE mit der Nahrung oder Ergänzungspräparaten zugeführt werden. Das gilt vor allem für Jugendliche mit dunkler Hautfarbe.

Jugendliche sollten daher unbedingt darauf achten, mindestens drei- bis viermal pro Woche 15 bis 30 Minuten, besser täglich mindestens 10 bis 15 Minuten an der frischen Luft mit teilweise unbedeckter Haut und ohne Sonnencreme - möglichst in Bewegung - zu verbringen. Dabei sollten aber im Sommer die Mittagszeiten gemieden werden.

Ergänzend sollte täglich Vitamin-D- sowie kalziumreiche Ernährung auf dem Speiseplan stehen.

Darüber hinaus wird Vegetariern empfohlen, ihren Kinder- und Jugendarzt auf eine zusätzliche Einnahme von Vitamin D anzusprechen, denn sie nehmen vor allem in den Wintermonaten bei fehlender Eigenproduktion bis zu 50% weniger Vitamin D zu sich als Fisch- und Fleischesser.

Da eine ausreichende Vitamin D-Versorgung für die Entwicklung der Jugendlichen wichtig ist, sollte bei einer möglichen Unterversorgung die Messung des Vitamin D-Spiegels im Blut durch den behandelnden Kinder- und Jugendarzt erwogen werden. Auf der Basis des Messwertes und des jeweiligen Lebensstils lassen sich dann individuelle Maßnahmen planen.

Nach den Untersuchungsergebnissen des Robert Koch-Instituts für die Vitamin-D-Versorgung in Deutschland ist vermutlich eine Überarbeitung der derzeitigen Zufuhrempfehlungen notwendig.

Alles weitere Wissenswerte über das Vitamin D, Folgen eines Vitamin D-Mangels und die Auswirkungen einer Rachitis finden Sie unter der Rubrik „Das Erste Jahr/Vitamin D-Mangel/Rachitis“