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Stottern: Neben fließender Sprache sollte Verbesserung der Kommunikation wichtiges Ziel sein

Stottern verliert sich bei einigen Kindern, doch manche können ein Leben lang davon betroffen sein. Deshalb ist es wichtig, sich beim Bemühen, fließend zu sprechen, nicht die Verbesserung der Kommunikation zu vergessen.

„Bei wem das Stottern eine vorübergehende Erscheinung bleibt, kann nicht exakt vorhergesagt werden. Entwickeln Kinder oder Jugendliche eine Redeflussstörung und bestätigt die Kinder- und Jugendärztin bzw. der Kinder- und Jugendarzt diese mithilfe spezieller Tests, berät sie/er Eltern über erfolgreiche Therapieverfahren“, beschreibt Dr. Ulrich Fegeler, Kinder- und Jugendarzt sowie Mitglied des Expertengremiums des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), das Vorgehen. Im Kindergartenalter hat sich z.B. die Lidcombe-Therapie bewährt und ab dem Grundschulalter bis ins Jugendalter sprechstrukturierenden Methoden, wie ‘Fluency Shaping‘. Heranwachsende sollten durch das Stottern keine sozialen Ängste bekommen, denn Ängste können wiederum das Stottern verstärken. Bei Jugendlichen hat sich deshalb u.a. das Üben in und vor Gruppen als hilfreich erwiesen. Stottern kann dazu führen, dass Kinder die Kommunikation mit anderen vermeiden. Sie können als Folge des Stotterns unter einem negativen Selbstbild, Ängstlichkeit oder sogar unter einer Depression leiden. Beobachten Eltern psychosozialen Auswirkungen, sollten sie darüber beim Arztbesuch sprechen, sodass Heranwachsende bei Bedarf geeignete Behandlungen angeboten bekommen.

Bei dem Lidcombe-Programm fungieren Mutter und Vater als Co-Therapeutin bzw. Co-Therapeut. Durch gezieltes Loben sollen dabei die Anteile des flüssigen Sprechens gefestigt und erweitert werden - zunächst im Spiel und dann immer mehr in Alltagssituationen. Fluency-Shaping-Interventionen zielen darauf ab, die Sprachflüssigkeit zu fördern, indem sie dem Patienten/der Patientin neue Sprachmuster beibringen, um den Sprachfluss zu verbessern, wie z.B. Dehnen der Silben, Kontrollieren der Sprechgeschwindigkeit oder langsames Sprechen.

Im 4. und 5. Lebensjahr stottern etwa 5–11 % der Kinder, bei den Schulkindern sind es noch etwa 1,4%. Die meisten Kinder beginnen im Alter von 2 bis 6 Jahren zu stottern. In 70–80 % der Fälle verliert sich die Redeflussstörung bis zur Pubertät. Stottern hat vermutlich mehrere Ursachen - eine genetische Komponente und Veränderungen in der weißen Substanz, die sich in der für Sprache zuständigen Region des Gehirns befindet. Das Zusammenspiel zwischen diesen Anomalien, genetischen und umweltbedingten Faktoren ist noch nicht vollständig geklärt. „Weder Eltern noch Kinder können das Entstehen von Stottern beeinflussen. Schuldzuweisungen sind völlig falsch. Eltern können ihr Kind unterstützen, indem sie beispielsweise ihr eigenes Sprachtempo verringern und ihrem Kind in der Unterhaltung mit anderen Raum zum Sprechen zu geben und bei Schwierigkeiten nicht versuchen das Gesagte zu korrigieren“, ergänzt Dr. Fegeler. Für stotternde Schüler*innen gibt es aufgrund ihrer Sprechbehinderung einen verfassungsrechtlichen Anspruch auf Nachteilsausgleich. Im jeweiligen Schulgesetz und/oder in den Verwaltungsvorschriften der Bundesländer ist dieser näher geregelt. So können Schüler*innen für mündliche Prüfungen z.B. mehr Zeit erhalten oder diese in veränderter Form ablegen.

Experten und Expertinnen unterscheiden von dem „originär neurogenen syndromalen Stottern“, das allgemein nur als „Stottern“ bekannt ist, noch weitere seltene Formen des Stotterns: das „erworbene neurogene Stottern“, das durch eine Hirnschädigung ausgelöst werden kann, oder das „psychogene Stottern“, das durch ein psychisches Trauma hervorgerufen wird.

Quellen: <link https: doi.org prolog-2203164 _blank external-link-new-window external link in new>Logos, <link https: doi.org jsr.v11i2.1562 _blank external-link-new-window external link in new>Journal of Student Research, <link https: www.newswise.com articles kids-don-t-always-outgrow-stuttering-slu-experts-say-but-speech-therapy-can-help _blank external-link-new-window external link in new>Saint Louis University, <link https: doi.org j.jcomdis.2022.106242 _blank external-link-new-window external link in new>J Commun Disord., <link https: doi.org s00106-019-0694-7 _blank external-link-new-window external link in new>HNO, <link https: www.aafp.org pubs afp issues p556.html _top external-link-new-window external link in new>Am Fam Physician, <link https: doi.org _blank external-link-new-window external link in new>J Speech Lang Hear Res.

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