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Kinder- und Jugendärzte fordern: Pflicht zu Vorsorgeuntersuchungen, um Kindesmisshandlungen zu verhindern

Der Hungertod der 7-jährigen Jessica hätte möglicherweise verhindert werden können, wenn Vorsorgeuntersuchungen in Deutschland Pflicht wären. Jessicas Eltern vernachlässigten und misshandelten ihr Kind, bis es schließlich mit sieben Jahren verstarb, ohne dass es von der Umgebung bemerkt wurde. Weder die Nachbarn noch die Schule wussten von der Existenz des Kindes…

Der Tod der komplett vernachlässigten 7-jährigen Jessica, für den sich seit heute die Eltern vor Gericht verantworten müssen, hätte nach Ansicht des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte möglicherweise verhindert werden können, wenn es in Deutschland verpflichtende Vorsorgeuntersuchungen gäbe. „Wir haben in Deutschland ein gut ausgebautes Netz an medizinischen Vorsorgeuntersuchungen, die allen Kindern bis zum 14. Lebensjahr kostenlos zur Verfügung stehen“, so der Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), Dr. med. Wolfram Hartmann heute in Köln. „Körperliche und seelische Auffälligkeiten und Fehlentwicklungen werden bei diesen Vorsorgen entdeckt und in der Folge behandelt. Gerade sozial problematische Eltern nehmen jedoch diese Vorsorgen häufig nicht wahr. Wir müssen also einen Weg finden, diese Eltern zu bewegen, ihre Kinder regelmäßig dem Kinder- und Jugendarzt vorzustellen. Nur so können Fehlentwicklungen rechtzeitig erkannt und vermieden werden.“

Nach den Worten des Präventionsbeauftragten des Berufsverbandes, Dr. med. Hermann-Josef Kahl, zeigen Länder wie Österreich und die USA, dass sich mit Bonus- oder auch Malus-Programmen die Teilnahme an medizinischen Vorsorgeprogrammen steigern und dadurch die Gesundheit von Kindern erheblich verbessern lässt: „Man kann z.B. das Kindergeld oder auch die Vergabe von Kindergarten- oder auch Studienplätzen an die regelmäßige und vollständige Inanspruchnahme der Präventionsleistungen koppeln. Aus zahlreichen Gesprächen mit den Vertretern der Krankenkassen wissen wir, dass diese solche Modelle unterstützen würden.“

Für die Eltern, die sich weder durch Bonus- noch durch Malus-Programme in die Pflicht nehmen lassen, muss nach Ansicht der Kinder- und Jugendärzte der Öffentliche Gesundheitsdienst sorgen. Dr. med. Wolfram Hartmann: „Wir müssen einfach zur Kenntnis nehmen, dass es Eltern gibt, die mit ihrer Aufgabe überfordert sind. Diese Eltern dürfen wir nicht alleine lassen. Kindesvernachlässigung und -misshandlungen sind keine Privatsache. Für diese Fälle ist es unerlässlich, den ÖGD durch Kinder- und Jugendärzte zu stärken. Diese Ärzte sollten dann die Familien auch zu Hause aufsuchen und dort Missstände erkennen und Hilfe anbieten, notfalls auch durchsetzen. Denn Elternrechte enden da, wo Kinder zu Schaden kommen.“