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Kinder- und Jugendärzte fordern: Pflicht zu Vorsorgeuntersuchungen

Kinder- und Jugendärzte fordern Pflicht zu Vorsorgeuntersuchungen und frühe Hilfen für überforderte Eltern, um Kindesvernachlässigung zu verhindern. Dr. Wolfram Hartmann, Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte, stellte heute in Köln einen Maßnahmenkatalog vor, mit dem Risikofamilien frühzeitig erkannt und unterstützt werden sollen ...

„Jessicas Eltern sind im November verurteilt worden. Tausende von Kindern in Deutschland werden jedoch unbemerkt weiter misshandelt und vernachlässigt. Dies kann nur gestoppt werden, indem wir die Bedingungen für frühzeitige Hilfe für gefährdete Familien verbessern.“ Mit diesen Worten präsentierte Dr. Wolfram Hartmann, Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte heute in Köln einen Maßnahmenkatalog, mit dem Risikofamilien frühzeitig erkannt und unterstützt werden. Dr. Wolfram Hartmann: „Viele Kinder werden bereits im Mutterleib misshandelt und vernachlässigt. Wir müssen also bereits während Schwangerschaft und Geburt gefährdeten Eltern helfen, sie rechtzeitig an ein Betreuungsnetzwerk vermitteln und sie stärken, so dass die Kinder sich vor und nach der Geburt gesund entwickeln können.“ Ganz ohne Kontrolle, betonte Dr. med. Wolfram Hartmann, gehe es dabei nicht:
„Die Zahlung des Kindergeldes sollte davon abhängig gemacht werden, dass Eltern die angebotenen Hilfen auch tatsächlich annehmen und sich der manchmal notwendigen Kontrolle nicht durch Arzt- und Wohnungswechsel entziehen. Alle Präventionsmaßnahmen (Kinderfrüherkennungsuntersuchungen und Impfungen) sowie eventuell verordnete Fördermaßnahmen (Krankengymnastik, Sprachtherapie, Ergotherapie usw.) müssen wahrgenommen werden. Denn es gilt: Das Wohl des Kindes steht an erster Stelle!
Als mögliche Risikofaktoren für eine Vernachlässigung von Kindern nannte Dr. med. Wolfram Hartmann:

  • psychische/psychiatrische Erkrankung von Mutter (beispielsweise Wochenbettdepression) und/oder Vater
  • Alkoholabhängigkeit eines oder beider Eltern
  • übermäßiges Rauchen einer oder beider Elternteile (> 20 Zigaretten am Tag)
  • Drogenabusus
  • unerwünschte Schwangerschaft
  • junge Mütter (< 20 Jahre)
  • niedriges Bildungsniveau, kein Schulabschluss
  • Arbeitslosigkeit
  • Armut, verbunden mit
  • beengten Wohnverhältnissen
  • allein erziehende Mutter
  • frühe Elternschaft
  • schlechter Ausbildung der Eltern
  • unerwünschter Schwangerschaft
  • chronischen Schwierigkeiten, das eigene Leben zu meistern
  • psychisch auffälligen Eltern

Möglichkeiten einer frühen Intervention sind, so Dr. med Wolfram Hartmann:

  • Bildung eines frühen Netzwerks unter Einschaltung von Kliniken, Hebammen, Frauenärzten, Kinder- und Jugendärzten, Sozialarbeitern, Sozialpädagogen, Kinderschutzbund
  • Casemanagement durch eine gemeinsame Clearingstelle (Jugendamt/Gesundheitsamt)
  • frühzeitiges Angebot einer Entlastung der Eltern durch Betreuung in (kostenlosen) Kindertageseinrichtungen
  • Schaffung von Anreizen mit positiver Verstärkung
  • Eltern annehmen und versuchen, eine tragfähige Beziehung herzustellen
  • Transparenz der Abläufe vermitteln
  • Abstimmung von Prozessorientierung (Eltern) und Entwicklungsorientierung (Kind)
  • Sicherstellung der Qualifikation der Helfer
  • verpflichtende Kinderfrüherkennungsuntersuchungen
  • und anderes